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Kultur: Alle guten Geister

500 Jahre Gruselspaß: Bully Herbig ist „Hui Buh – Das Schlossgespenst“

Schlimmste Beleidigung für ein Gespenst? Ihm zu sagen: „Du bist überhaupt nicht gruselig.“ Schlimmste Beleidigung für einen vergnüglichen Sommer-Gespensterfilm? Zu schreiben: „So richtig lustig ist das Ganze leider nicht.“ Erst recht eine Beleidigung, wenn mit Michael Bully Herbig der Chefkomiker des deutschen Blödelkinos als animiertes Gespenst auch diesmal wieder nach Kräften grimassiert, fistelt, tuntelt und den liebenswürdigen Tollpatsch gibt. Aber sorry. Beleidigung muss sein.

Hui Buh also. Nicht so harmlos wie Otfried Preußlers „Kleines Gespenst“, das von einer falsch gehenden Kirchturmuhr zur Unzeit geweckt wird und in der Mittagsstunde daher plötzlich schwarz statt weiß auftaucht. Nicht so dämonisch wie Oscar Wildes tragisches „Gespenst von Canterville“, das erst durch die unschuldige Liebe eines kleinen Mädchens erlöst wird. Gar nicht zu reden von Monstern wie Frankenstein oder Mr. Hyde.

Nein, Hui Buh, nach der erfolgreichen Kinderhörspielserie von Eberhard Alexander-Burgh, ist eher der Trickbetrüger unter den Gespenstern: schummelt beim Kartenspiel und wird zur Strafe vom Blitz getroffen, versagt bei der Prüfung zur Spuklizenz und läuft Gefahr, auf ewig in der fiesen grünen Seelensuppe zu landen. Andererseits kann, wie bei allen Gespensterfilmen, die Rettung nur in Teamarbeit mit einem unschuldigen Kind gelingen – hier ist es der liebenswerte, vaterlose Tommy (Martin Kurz), der an den albernen Streichen des Geists seine Freude hat. Ist doch Hui Buh im Grunde ein echter Kindskopf. Viele gleichgesinnte Zuschauer sind ihm zu wünschen.

Eine weitere Populärkultur-Ikone also, die sich Bully Herbig nun vorknöpft: Winnetou („Der Schuh des Manitu“, 2001) und Star Trek („(T)Raumschiff Surprise – Periode 1“, 2004) gab es schon, demnächst kommt Sissi als Zeichentrickfilm („Lissi und der wilde Kaiser“, 2007). Seit der „Schuh des Manitu“ mit zwölf Millionen Zuschauern ein sensationeller Kinoerfolg wurde, blickt man mit verschärfter Aufmerksamkeit auf jede neue Bully-Parade. Und findet, Geschmacksgrenzen einmal übersprungen, durchaus sinnfreie, hemmungslos alberne, garantiert harmlose Unterhaltung.

Beim 10 Millionen teuren „Hui Buh – Das Schlossgespenst“ führt allerdings nicht Bully Herbig Regie, sondern Sebastian Niemann, der bisher hauptsächlich mit Fernsehproduktionen hervorgetreten ist. Vielleicht liegt es daran, dass „Hui Buh“ kein Gag-Gewitter Herbig’schen Ausmaßes entzündet. Animation, Schauspieler, Kostüme, Tricks – alles klasse. Nur die Witze zünden nicht.

Gespensterästhetisch ist „Hui Buh“ allerdings voll auf der Höhe – die malerische Geisterherberge Schloss Burgeck sieht aus wie das Schulschloss Hogwarts bei „Harry Potter“ und der böse Ritter Adolar wie ein Ork aus Peter Jacksons „Herr der Ringe“. Auch die Schauspieler hatten erkennbar Spaß beim Dreh, allen voran Heike Makatsch, die als Leonora Gräfin zu Etepetete nach Herzenslust die fiese, hochtoupierte Intrigantin gibt. Oder Christoph Maria Herbst, der als König Julius der 111. niemals einen vernünftigen Heiratsantrag über die Lippen bringt, sich dafür aber wunderbar mit dem abgehalfterten Gespenst versteht und sogar gemeinsam mit ihm Yoga übt. Hans Clarin, der in der 23-teiligen Hörspielfassung Hui Buh liest, tritt als liebenswert vertrottelter Schloss-Kastellan in seiner letzter Rolle auf – kurz nach Ende der Dreharbeiten ist er an Herzversagen gestorben. Auch Hui-Buh-Erfinder Eberhard Alexander-Burgh starb 2004, nachdem ihm die Produzenten in mühevoller Arbeit das Plazet für die Verfilmung abgerungen hatten. Lastet wohl doch ein Fluch auf dem Buch?

Ein Trost für alle Fans: „Hui Buh“, Teil zwei, ist schon in Arbeit. Gespenster sterben nicht. Verspukt noch mal.

Ab Donnerstag in 24 Berliner Kinos

Christina Tilmann

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