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Kultur: Alles Dekor

Schwulst nach Henry James: "Washington Square"VON SILVIA HALLENSLEBENWas für Gründe kann es geben, im Jahre zwei vor der Jahrtausendwende einen Gesellschaftsroman vom Ende des letzten Jahrhunderts zu verfilmen? Der Trost an der Übersichtlichkeit damaliger Problemlagen?

Schwulst nach Henry James: "Washington Square"VON SILVIA HALLENSLEBENWas für Gründe kann es geben, im Jahre zwei vor der Jahrtausendwende einen Gesellschaftsroman vom Ende des letzten Jahrhunderts zu verfilmen? Der Trost an der Übersichtlichkeit damaliger Problemlagen? Die Lust am Schwelgen in Prunk? Oder ist es einfach der Wunsch, sich einmal so ganz Höherem hingeben zu können? Die Produzenten dieses Films und ihre Regisseurin Agnieszka Holland, die sich schon bei "Eclipse" an einem historischen Thema (Rimbaud meets Verlaine) vergriffen hat, scheinen alle drei Aspekte zu bewegen."Washington Square", nach dem Roman von Henry James, ist eine der Literaturverfilmungen, die sich rühmen, besonders originalgetreu zu sein - für einen Film eine eher befremdliche Qualität.Der Rest künstlerischer Energie scheint auf dem Altar historistischer Wahrhaftigkeit geopfert worden zu sein.Welch höchste Lust, vergangenen Biederglanz ganz en détail wiederzuschöpfen! Das Ergebnis ist dann nicht nur "authentisch", sondern auch sehr kostbar.Man nennt das production value, was sich, siehe "Titanic", durchaus auszahlen kann. War es bei einem weiteren Maniac des Ausstattungsfetischismus, Erich von Stroheim, noch darum gegangen, in der Besessenheit am Detail aus den Gegenständen die fetischistischen Deformationen herauszulocken, so geschieht in "Washington Square" das Gegenteil.Alles ist nur Dekor.Dabei geht es doch um die Spannung zwischen Außen (Schönheit und Geld) und seelischen Ansprüchen: eine vom Vater ungeliebte Erbin, die zwar Geld, doch zuwenig Liebreiz mitbringt, als daß sie ein Mann um ihrer selbst willen lieben könnte.Oder? Natürlich, so ist das in solchen Filmen, ist diese Catherine (Jennifer Jason Leigh) gar so unanmutig nicht.Scheu, mädchenhaft, doch mit dem Mut zum offenen Wort: Die 35jährige Jennifer Jason Leigh, die hier mal ein wenig von ihrem zickigen Rollenklischee abweichen darf, ist als Catherine - trotz Albert Finney (verschenkt) - der einzige Grund, sich diesen Film anzusehen. Filmpalast, Hackesche Höfe, New Yorck

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