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Kultur: Alles ist eitel

OPER

Dem Einsatz der Beteiligten nach war es eine vollgültige Uraufführung. Dabei ist die Suite aus Berthold Goldschmidts Oper „Der gewaltige Hahnrei“ von 1933, die Gary Bertini und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin am Sonntag in der Philharmonie präsentierten, im Grunde „nur“ ein nachgelassenes Potpourri aus der Oper des 1996 verstorbenen Komponisten. Theaterblut leckend zeichnet man in den schnell hintereinander montierten Szenen ein klares und doch an Orchesterfarben reiches Bild jener nervösen und spannungsgeladenen Atmosphäre vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, aus der Goldschmidt auch nach der Vertreibung ein langes Leben künstlerisch zu zehren vermochte.

Durchaus spannend die Gegenüberstellung dieses kosmopolitischen Geist sprühenden Werks mit Ernest Blochs hebräischer Rhapsodie für Cello und Orchester „Schelomo“ von 1915. Nun verlangt diese salomonische Predigt ohne Worte nicht nur die sorgfältige Nachahmung sprachlicher Gesten, wie sie dem Solisten Andreas Grünkorn durchaus gelingen. Sie verlangt auch nach mystischer Versenkung und bisweilen nach der Pose, ohne die ein reich orchestriertes „Es ist alles eitel!“ nicht glaubhaft wird.

Dergleichen aber ist Bertinis Sache nicht. In Mahlers vierter Symphonie allerdings wird das Manko zur Tugend: So frisch, so unneurotisch, so überzeugend klassisch gelingt dieses Stück selten. Den dritten Satz machen die Musiker, Schmerz statt Verletzungen schildernd, mit ruhigem Atem zum Zentrum des Werks. Durchaus stimmig erscheint die Sopranistin Camilla Nyland darauf als nüchterner Engel. Wobei die Distanziertheit, mit der sie Mahlers ostentativ schnurriges Paradies beschreibt, mehr aus Konzentration auf die eigene solide Technik denn aus Loyalität zu Bertinis Deutung herrühren mag.

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