zum Hauptinhalt

Kultur: Alles super

Eine Berliner Diskussion über Kulturpolitik

„Das ist ja voller hier als in mancher Kirche!“ – Staatsopern-Intendant Jürgen Flimm lässt seinen Blick zufrieden durch das Foyer des Schillertheaters schweifen. Viele Menschen wollen am Sonntagvormittag dabei sein, als „Zeit“-Herausgeber Josef Joffe mit Flimm, Klaus Wowereit und dem Berliner Anwalt und Kunstmäzen Peter Raue über „Kulturpolitik in Zeiten der Sparbremse“ diskutieren.

Seit zehn Jahren veranstaltet die „Zeit“ ihre Matineen in Hamburg, jetzt ist die Wochenzeitung erstmals in der Hauptstadt zu Gast. Und prompt trifft Josef Joffe auf ein Trio, das ihm einen Strich durch die Moderatoren-Dramaturgie macht. Der Politiker, der Zuwendungsempfänger und der bürgerschaftlich Engagierte sollen sich eigentlich als Antagonisten beharken. Doch sie verbünden sich gegen den Hanseaten, finden fast jede Frage „falsch gestellt“ und feiern – zum großen Gaudium des Publikums – ihren lokalpatriotischen Stolz.

Vor allem Peter Raue will so gar nicht die ihm zugedachte Rolle spielen. Einen „Hecht im Walfischteich“ hatte ihn Joffe genannt, der einst als oberster Nationalgalerie-Freund mit der MoMA-Schau den schwerfälligen Staatsinstitutionen gehörig das Fürchten lehrte. Doch Peter Raue holt lieber aus zum Schlag gegen München („Da fragt man doch nur: Wo gibt es das beste Bier?“) und Hamburg („Da ist es so trostlos, dass selbst die ’Zeit’ ihre Diskussionen in Berlin veranstaltet!“), um dann die unvergleichliche Vitalität der Berliner Szene zu loben, wo sich um jeden staatlich finanzierten Wal viele kleine und wendige Pilotfischchen tummeln.

Nie wieder, wettern die drei von der Kulturtankstelle in Richtung Joffe, wollen sie das Wort „Subventionen“ hören, wenn Investitionen in die Kultur gemeint sind. „Versuchen Sie mal in New York eine Shakespeare-Inszenierung zu finden!“, kontert Jürgen Flimm die Frage des „Zeit“-Herausgebers, was denn vom US-amerikanischen Modell „Steuerermäßigung gegen Sponsoring“ zu halten sei. Unter solchen Bedingungen blühe nur der Mainstream. Und dann wollen die Superreichen auch noch einen Orden dafür abgreifen, dass sie zum Privatprofit die Kultur unterstützt haben, sekundiert Berlins Regierender Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit.

Berlins Kulturszene, so das Fazit nach neunzig heiter verplauderten Minuten, muss bitte schön genauso bleiben wie sie ist. Schon unseres guten Rufs bei den Touristen wegen. Frederik Hanssen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false