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 Ryan Gilcrest (Bradley Cooper) und Allison Ng (Emma Stone).

© Twentieth Century Fox/dpa

"Aloha" mit Emma Stone: Romantik mit saurem Beigeschmack

Eigentlich war „Aloha“ als Sommerromanze gedacht, auf Hawaii. Dann kam der Rassismusvorwurf. Und die flinke Entschuldigung des Regisseurs. Die Geschichte eines Hollywood-Betriebsunfalls.

Von Jörg Wunder

Eigentlich wäre „Aloha“ kein Film, um den man viel Aufhebens machen müsste. Das jüngste Werk von Cameron Crowe („Almost Famous“) ist eine hübsche Sommerromanze mit derzeit besonders beliebten Hollywoodstars. Bradley Cooper, dreimal in Folge für den Oscar nominiert, spielt den in Afghanistan verwundeten Beinahe-Astronauten Brian Gilcrest, der als Raumfahrtlobbyist für einen exzentrischen Milliardär (Bill Murray) arbeitet. Dabei nimmt Gilcrest in seiner früheren Wahlheimat Hawaii Tuchfühlung mit seiner Ex (Rachel McAdams) auf, die mit zwei bezaubernden Kindern und einem sympathischen, wenn auch schweigsamen Ehemann eigentlich zu glücklich ist, um sich in Irrungen und Wirrungen ziehen zu lassen.

Für Ablenkung sorgt die attraktive Luftwaffenkarrieristin Allison Ng, die zwar einen militärischen Umgangston pflegt, aber bei allem, was mit hawaiianischen Gebräuchen zu tun hat, eine weiche Seite offenbart – und Bradley Coopers melancholischem Welpenblick nicht widerstehen kann.

Wie die beiden sich zart umgarnen, nach einigen Cocktails übereinander herfallen, Einmischungen und Einflüsterungen ausgesetzt sind, scheinbar miteinander brechen, um sich am Ende doch zu bekommen, das ist feines Feelgood-Kino für einsame Herzen. Selbst die Tatsache, dass Regisseur und Drehbuchautor Cameron Crowe eine Rahmenhandlung konstruiert hat, die dramaturgisch wenig glaubwürdig ins Thrillergenre wuchert, hätte wohl kaum für Unmut gesorgt, zumal sie den tiefromantischen Kern von „Aloha“ nicht beschädigt. Außerdem sorgen diese Schlenker für sehenswerte Nebenrollen – hinter der putzigen Fassade des von Bill Murray verkörperten Weltraumvisionärs lauern Abgründe, und Alec Baldwin lässt als cholerischer Viersternegeneral bei seinen Wutanfällen die Bürowände beben.

Der Rassismusvorwurf wurde zum kommerziellen Todestoß

Doch dann wurde „Aloha“ zur Zielscheibe einer Political-Correctness-Kampagne. Hawaiianische Ureinwohner warfen den Machern vor, ihre Heimat als reiseprospekttaugliche Folie ausgeschlachtet zu haben. Zudem wurde keine einzige tragende Rolle mit „echten“ Hawaiianern besetzt. Und, Gipfel des systemimmanenten Hollywood-Rassismus, die Rolle der Allison Ng, die laut Drehbuch zu je einem Viertel hawaiianischer und chinesischer Abstammung sein soll, wird von der Weißen Emma Stone gespielt.

Nun ist die Rassismus-Keule eine der wuchtigsten, die man derzeit im US-Kulturbetrieb schwingen kann. Also ruderte Regisseur Crowe zurück und offerierte seine „heart-felt apology“ für den Besetzungslapsus, und auch Emma Stone bedauerte ihre Teilnahme. Zu spät: Zusammen mit nicht gerade euphorischen Kritiken war der Rassismusvorwurf der kommerzielle Todesstoß. „Aloha“ floppte – und startet auch in Deutschland in vorauseilendem Pessimismus mit minimaler Kopienzahl.

Gewiss gibt es Gründe, die Besetzungspolitik der Hollywoodstudios zu hinterfragen. Schon ein Blick ins Publikum der Oscar-Gala macht klar, dass die meisten Rollen weißen Amerikanern oder Europäern vorbehalten bleiben. Und es wäre verkehrt, die – aus Sicht des Mainstreams womöglich übertrieben wirkende – Sensibilität einer Minderheit in Abrede zu stellen. Zumal erst dadurch in der Filmgeschichte Veränderungen angestoßen wurden, die für den sukzessiven Abbau wenigstens der gröbsten rassistischen Klischees sorgten.

Stone als Viertelhawaianerin: Nicht weitsichtig

Andererseits: Cameron Crowe bemüht sich in „Aloha“, gerade nicht die klassischen Vorurteile zu bedienen. Hawaii, hier die Hauptinsel Oahu, wird keineswegs rundweg als Südseeparadies gezeigt, sondern als – zwar meteorologisch bevorzugtes – Eiland, auf dem etwa Teile der Ureinwohnerschaft die Stationierung von US-Militär als illegitime Besatzung anprangern. Dieser Aspekt wird – wenn auch nur ein Nebenstrang in einem nicht primär politisch gedachten Film – überdies von dem sich selbst verkörpernden Aktivisten Dennis Bumpy Kanahele thematisiert.

Wahrscheinlich war es nicht eben weitsichtig, Emma Stone für die Rolle einer Frau zu verpflichten, die nicht nur viertelhawaiianisch sein soll, sondern auch eine starke Beziehung zu den Mythen der Insel hat. Dennoch ist kaum anzunehmen, dass diese Rollenvergabe eines Regisseurs, der eher zum „linken“ Hollywood gehört, rassistisch motiviert war. Vermutlich wünschte sich Cameron Crowe für „Aloha“ schlicht eine der besten Schauspielerinnen ihrer Generation.

Der Film läuft ab Donnerstag im Zoo Palast.

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