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Kultur: Als Titelheld einer Doku-Soap über Nacht zum Star - da sind die Probleme vorprogrammiert

Es fängt laut an, und das ist der erste Fehler. "Ed TV" soll vom Kontrast zweier Welten handeln, der privaten und der öffentlichen.

Es fängt laut an, und das ist der erste Fehler. "Ed TV" soll vom Kontrast zweier Welten handeln, der privaten und der öffentlichen. Doch dem Regisseur Ron Howard gelingt es nicht, diesen Kontrast zu vermitteln. Er erzählt die Geschichte eines einfachen Mannes, Ed (Matthew McConaughey), der in einer Videothek arbeitet und über Nacht zur nationalen Berühmtheit wird, als ein TV-Sender ihn zum Star einer Doku-Soap macht. Rund um die Uhr beobachten ihn die Kameras. Schon vor dem Wachwerden laufen sie, weswegen er auf den morgendlichen Griff in den Schritt und den Gebrauch von Kraftausdrücken verzichten muss. Kein angenehmes Leben, sollte man meinen, selbst wenn der Sender diese Aktion gut bezahlt. Doch wie Ed mit der plötzlichen Berühmtheit klarkommt, wird nie so recht deutlich, da es der Film versäumt hat, die Vorgeschichte zu schildern.

Ron Howard ist zu ungeduldig, um sich mit solchen Lappalien aufzuhalten. Die laute, hektische Welt des Fernsehens dominiert von Anfang bis Ende. Laut und hektisch geht es auch in der Kneipe zu, in der wir Ed das erste Mal sehen. Mit seinen aggressiven Siegerposen macht Matthew McConaughey nie den Eindruck, er könne an dem plötzlichen und äußerst fragwürdigen Ruhm zerbrechen. Wie die Gäste von Bärbel Schäfer oder Arabella Kiesbauer scheint er es zu genießen, vor laufender Kamera die banalsten Dinge zu tun. Das ist schön für ihn und schlecht für den Zuschauer, der einen Konflikt braucht, um interessiert zu bleiben.

Zum Glück gibt es eine ergreifend gespielte Nebenfigur, Shari (Jenna Elfman). Sie ist zuerst die Freundin von Eds Bruder, doch das Fernsehpublikum weiß dank der allgegenwärtigen Kamera, dass sie sich zu Ed hingezogen fühlt und bald dessen Freundin wird. Shari hält den Trubel kaum aus und droht daran zu zerbrechen. Hübsch, aber eher sportlich-praktisch gekleidet, muss sie sich auf offener Straße Schönheitstips gefallen lassen. Der Travestie-Star RuPaul macht sich im Fernsehen über ihr Auftreten und ihre schwachen Nerven lustig. Und irgendwann bestimmt die Nation: Shari muss weg, Ed hat eine bessere Freundin verdient, ergibt eine Umfrage. Zum Beispiel das eiskalte, aalglatte Model Jill (Hugh Grants Angetraute Elizabeth Hurley in einer mutigen Selbstdarstellung). Wenn Shari leidet, bekommt der Film Leben. Würde sie Selbstmord begehen, wäre Jenna Elfman eine Oscar-Nominierung sicher. Aber vielleicht kriegt sie die auch so.

"Ed TV" ist ein Musterbeispiel für einen Film, der eine interessante Botschaft vortäuscht und im Grunde gar nichts zu sagen hat. Will er die Unmenschlichkeit des Fernsehens anprangern? Oder sich über diejenigen lustig machen, die sich wie Ed freiwillig ans Fernsehen verkaufen? Howard schielt nach allen Seiten, übt ein wenig Medienkritik und macht gleichzeitig Werbung für das Pseudo-Reality-TV. Die Programmchefin Cynthia, die Ed entdeckt, ist eine hartgesottene Karrierefrau, die noch über einen Rest von Anstand verfügt und Ed in dem Moment, wo es ihm zuviel wird, beim Ausstieg aus seinem Vertrag hilft. Hollywoods Vorzeige-Lesbe Ellen DeGeneres spielt diese Frau mit einem dreckigen Dauergrinsen, völlig nuancenfrei. Vielleicht hat Howard sie eingesetzt, um sie bloßzustellen. Das ist ihm bei Jay Leno geglückt, der fast wie eine Parodie auf schleimige Moderatoren wirkt.

Eine Reihe von Qualitäten hat "Ed TV" aufzuweisen, die jedoch in dem allgemeinen Getöse untergehen. Neben Jenna Elfmans Darstellung sind die Kurzauftritte von Martin Landau, Dennis Hopper und Sally Kirkland hervorzuheben, sowie die einfühlsame Musik von Randy Edelman. Doch das Endergebnis hat mehr mit Helmut Dietls "Late Show" als mit Peter Weirs "Truman Show" gemeinsam. Es ist ein Versuch, hinter die Kulissen zu blicken, der scheitern muss, weil vor und hinter den Kulissen dasselbe passiert. Man verlässt das Kino mit dem Gefühl: Das Fernsehen ist schlimm, aber so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Ein ziemlich lauwarmes Gefühl.In 19 Berliner Kinos, OV im Cinemaxx Potsdamer Platz und im Odeon

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