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Kultur: Am Anker der Hoffnung

SKULPTUR

„Vom Tod großer Geister gut gelebt“ hat nach eigenem Bekunden der Berliner Bildhauer Karl Biedermann: Zentralgestalten des Kulturbetriebs der DDR wie Ernst Busch, Paul Dessau, Franz Fühmann und Wieland Herzfelde nahm er die Totenmasken ab. Die Vergänglichkeit menschlicher Existenz ist das zentrale Thema seiner Arbeit. Biedermann hat mehrere Denkmäler im öffentlichen Raum geschaffen: eine bunte Stele für Joachim Ringelnatz in Marzahn; einen Metalltorso für Dietrich Bonhoeffer an der Zionskirche und einen Gedenkstein für das erste Maueropfer Peter Fechter am Ort seiner Erschießung. Auch das durch seine Schlichtheit anrührende Mahnmal „Der verlassene Raum“ für die ermordeten Juden Berlins auf dem Koppenplatz stammt von ihm: Er montierte Tisch und zwei Stühle, einen davon umgestoßen, auf eine Bronzeplatte, gefasst mit Gedichtzeilen von Nelly Sachs. Wer sein Werk kennen lernen will, ohne die halbe Stadt abzulaufen, hat nun in der Galerie DOMizil Gelegenheit dazu (Berliner Dom, Eingang Spreeseite, bis 13. März. Mo–Do 13-17 Uhr). Sie zeigt ein Dutzend Skulpturen und Kleinplastiken sowie 16 Zeichnungen Biedermanns. Auf einen Stil oder Begriff lässt er sich nicht bringen: Für jede Aufgabe sucht er die angemessene Formensprache. Das Spektrum reicht von überdeutlicher Symbolik im Entwurf eines „Hoffnungsmals“ für unheilbar Kranke samt Kahn, der über den Todesfluss Styx setzt, und „Hoffnungsanker“ bis hin zu abstrakten Arbeiten. – Mit dieser Werkschau setzt der Kunstdienst der evangelischen Kirche sein verdienstvolles Bemühen fort, weniger bekannte Zeitgenossen vorzustellen, deren Arbeiten Bezüge zur Transzendenz aufweisen.

Oliver Heilwagen

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