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Kultur: Am Fuße der Leiter

PERFORMANCE

Hat Leonardo da Vinci gelächelt, als er die „Mona Lisa“ malte? Wie blickte Vincent van Gogh, als er den letzten Pinselstrich in der „Sternennacht“ setzte? Diese Fragen beantworten die Meisterwerke nicht. Anders ist es bei Emil Gropoz . Der Betrachter sieht ihn schwitzen und hört sein Keuchen, denn Gropoz ist Aktionskünstler. Gerade sitzt er auf einer Leiter und muss Luft holen für das Aufpumpen eines orangenen Gummireifens. Die Zuschauer honorieren seine Mühen mit heftigem Klatschen und Stampfen. Direktes Feedback ist selten bei Kunst. Während Gropoz die witzige Seite der Performance bedient, zeigen Johannes Deimling und Gabriele Avanzinelli den dramatischen Aspekt. Minutenlang versucht Deimling, eine Leiter zu erklimmen, die immer wieder zu Boden fällt, während Avanzinelli sich ein Buch nach dem anderen mit Klebeband um den Kopf bindet, bis er dahinter verschwindet. Die Aussage ist offensichtlich: Oft nützen all die gelesenen Bücher nichts. Intellektuelle Höhen bleiben unerreicht. So viel Inhalt ist selten in den Performances von Motion 1 . Acht Künstler präsentierten im Kreuzberger Glück 21 (in der Zeughofstraße 21) ein breites Spektrum: von ernster Ruhe bis zu akrobatischen Einlagen und Klamauk. Seit Ende der Fünfzigerjahre existiert die Kunst für den Augenblick. Die Initialzündung dafür gab John Cage, aber die Wurzeln reichen bis zu den Dadaisten zurück. Meist aber ist es so, wie Peter Funken in seinem absurden Text feststellt: „Die Nieten überwiegen, und der Gewinn ist selten.“ Vielleicht ist es doch unwichtig, ob Leonardo da Vinci lächelte.

Laura Weißmüller

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