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John Ashbery, 2011 in New York. Der Poet erhielt damals den National Book Award für sein Lebenswerk.

© Tina Fineberg/dpa

Amerikanischer Lyriker: John Ashbery ist tot

Er war einer der einflussreichsten Dichter der USA. Nun ist der Pulitzer-Preisträger John Ashbery im Alter von 90 Jahren gestorben.

Der Lyriker starb am Sonntag in seinem Haus in Hudson (US-Staat New York), wie die „New York Times“ unter Berufung auf Ashberys Ehemann David Kermani berichtete. Der New Yorker Verlag „Farrar, Straus and Giroux“ bestätigte den Tod des Poeten dem Sender „NPR“. Erst im Juli hatte John Ashbery seinen 90. Geburtstag gefeiert.

Sein 1975 geschriebener Band „Self-Portrait in a Convex Mirror“ brachte ihm die meisten Ehrungen ein, darunter den Pulitzerpreis und den National Book Award. Die renommierte National Book Foundation verlieh ihm 2011 für sein Lebenswerk einen Ehrenpreis.

So etwa zehnmal im Monat - „wenn nichts dazwischenkommt“ - machte sich John Ashbery ans Schreiben. „Das sieht so aus, dass ich am Nachmittag in meiner Wohnung herumsitze und darüber nachdenke, ob es schon zu spät ist, um überhaupt noch etwas zu schreiben“, sagte der US-Dichter einmal der „Huffington Post“. „Gegen vier oder fünf mache ich mir dann eine Tasse Tee, die ich trinke, während ich Gedichte lese. Nach einer Zeit fange ich entweder an zu schreiben oder mache Feierabend.“

Er wollte eigentlich nie Dichter werden

Mit dieser äußerst entspannt wirkenden Arbeitseinstellung hat Ashbery ein großes Werk hinterlassen. Mehr als 60 Jahre veröffentlichte der 1927 in Rochester im US-Bundesstaat New York geborene Poet Gedichtbände und hat dafür fast jeden erdenklichen Preis bekommen. Der Literaturkritiker Harold Bloom sprach sogar von einem „Zeitalter des John Ashbery“.

Dabei habe er eigentlich nie Dichter werden wollen, sagte Ashbery einmal der „Paris Review“. „Ich habe mich nie bewusst für eine Karriere als Poet entschieden. Ich habe angefangen, einige kleine Verse zu schreiben, aber hätte nie gedacht, dass die veröffentlicht werden würden, oder dass ich einmal Bücher veröffentlichen würde. Damals war ich noch in der Schule und hatte noch keine moderne Poesie gelesen.“ Dann gewann eines seiner Gedichte einen Wettbewerb, und als Preis gab es einen modernen Gedichtband, der Ashbery faszinierte.

Er selbst sei von seiner Karriere völlig überrascht worden, sagte Ashbery, der in der Schule als Einzelgänger galt, aber so gute Noten bekam, dass er auf die Elite-Universität Harvard gehen konnte.

Ein intelligentes Flüstern mit merkwürdig pulsierendem Rhythmus

Seine Gedichte seien von Musik beeinflusst, sagte Ashbery. „Mich begeistert die Musik des Gehirns, und die will ich mit Worten abbilden, oder das zumindest versuchen. Fast immer höre ich Musik aus meiner Plattensammlung, während ich schreibe.“ Am liebsten moderne Klassik. Es ging ihm um die Erfahrung des Bewusstseins und den Zusammenhang von Chaos und Kunst.

Vielen scheint sein Werk aber extrem schwer zugänglich. „Nur wenige Dichter haben unseren Wunsch nach Bedeutung so schlau manipuliert oder gefoltert wie er“, schrieb ein Kritiker. Die „New York Times Book Review“ bescheinigte Ashbery ein „gedämpftes, gleichzeitig unverständliches und intelligentes Flüstern mit einem merkwürdig pulsierenden Rhythmus, der wie eine Welle zwischen Spitzen der scharfen Klarheit und obskuren Dürren changiert.“ (dpa)

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