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Teddy Kollek und sein Sohn Amos.

© Cover/S. Fischer

Amos Kollek veröffentlicht Autobiografie: Immer hatte sich alles um Teddy gedreht

Vaterbuch und Mutterbuch, Autobiografie und Therapie: Der Filmregisseur Amos Kollek erzählt in „Parallele Leben“ seine Familiengeschichte.

Es gibt in diesem Erinnerungsbuch des Filmemachers Amos Kollek eine Stelle, an der man erleichtert aufatmet und dem Autor zugesteht, dass er vielleicht doch nicht so ein Angeber ist, wie es passagenweise scheint: Kollek fällt nämlich ungefähr in der Mitte seiner Erinnerungen plötzlich auf, „dass die Begegnungen mit Hollywood-Größen ziemlich viel Raum einnehmen.“ Ob Paul Newman, Frank Sinatra, Danny Kaye oder Elisabeth Taylor – Amos Kollek lässt kaum eine Hollywood-Größe aus, selbst wenn die Begegnung mit mancher wirklich nur eine sehr kurze war. Er weiß um sein „pures Namedropping“ und begründet es auch: „Es ist womöglich die einzige Sphäre, in der es zwischen meinem Vater und mir eine echte Verbindung gab. Die Welt von Hollywood. Ich bin Filmemacher, und er war Bürgermeister". Tatsächlich hat Amos Kolleks Vater Teddy als Bürgermeister von Jerusalem, der er von 1965 bis 1992 war, Gott und die Welt kennengelernt; vielleicht war er in dieser Zeit der berühmteste Bürgermeister der Welt. Teddy Kollek sammelte nicht nur in New York Spenden für seine Stiftungen und das von ihm gegründete Israel-Museum, er schaffte es aufgrund seines Charismas auch, Filmstars, Schriftsteller, Musiker, Philosophen, bildende Künstler und auch Politiker nach Jerusalem zu locken und für sich zu gewinnen. Mit so einem berühmten Vater scheint es ein Sohn, der Filmemacher werden will, leicht zu haben: Kontakte bekommt er frei Haus geliefert.

Es dominiert das Private, nicht die israelische Geschichte

Und doch stellt sich das in Amos Kolleks Erinnerungen mit dem Titel „Parallele Leben“ anders dar. Ein berühmter Vater und seine Verbindungen zu Hollywood-Stars allein machen noch keinen guten Filmemacher. Zumal Amos Kollek eingesteht, dass er bis zum Tod seines Vaters immer mit diesem konkurrieren zu müssen glaubte. Der Schatten war gewaltig, und von großer Innigkeit zwischen beiden konnte keine Rede sein. „Parallele Leben“ ist ein Buch über den Vater, es ist die nachgetragene Erforschung einer Vater-Sohn-Beziehung. Es geht aber auch um die Mutter, denn „immer hatte sich alles um Teddy gedreht, und jetzt war vielleicht die letzte Gelegenheit, Tamar näher zu beleuchten“, beschreibt Kollek die Idee für seine „persönliche Geschichte“, die vom Tod des Vaters 2007 und dem der Mutter 2013 gerahmt wird. Mehr noch als der Vater bleibt dem Sohn die bescheidene, dienende, aber starke Mutter ein Rätsel. Unglücklicherweise erkrankte sie in den letzten Lebensjahren an einer schweren Demenz.

Amos Kollek schreitet die vielen Stationen zweier langer Leben ab, von den Anfängen in Wien in den zwanziger Jahren über die Flucht nach Palästina, den Anfängen in einem Kibbuz bis nach Jerusalem, und natürlich erzählt er zudem von sich erst als Schriftsteller, dann als erfolgreicher Indie-Filmemacher in den neunziger Jahren („Sue“, „Fiona“, „Fast Food, Fast Women“). Dass diese Erinnerungen auch ein Stück israelischer Zeitgeschichte sind und die Staatsgründung, den Sechs-Tage- und den Jom-Kippur-Krieg oder den Konflikt mit den Palästinensern umfassen, versteht sich. Doch die politische Geschichte läuft nur im Hintergrund mit, es dominiert das Private, Persönliche.

Parallele Leben

Am Ende ist es die Offenheit, das unermüdliche Hinterfragen der eigenen Person, die Kollek sympathisch und dieses Buch zu einer gewinnbringenden Lektüre machen. Selbst aus dem Scheitern nach den großen Filmerfolgen macht er keinen Hehl. Die Höhen und Tiefen seines Berufs- und Privatlebens parallelisiert Kollek mit den großen Zeiten des Vaters und dessen Abdankung 1992 – deshalb der Titel dieses Buches. „Parallele Leben“ hat natürlich etwas von einer Therapie, wenngleich einer erfolglosen. Die Auseinandersetzung mit dem Vater und der Mutter hört nicht auf: „Ich rede immer noch mit ihm und bekomme keine Antworten“, schreibt der inzwischen 67 Jahre alte Kollek über seinen Vater. Und über die Mutter: „Ich weiß nur, dass ich allein gelassen wurde und dass dieses Gefühl von Schmerz und Ohnmacht durch nichts wiedergutzumachen ist.“ Das ist genauso rührend wie tragisch.

Amos Kollek: Parallele Leben. Aus dem Englischen von Christa Prummer-Lehmair und Rita Seuß. S. Fischer, Frankfurt/Main 2014, 352 Seiten, 22,99 €.

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