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Kultur: Andalusische und andere Hunde

Der Höhepunkt war gut versteckt. Erst um Mitternacht begann der sowjetische Stummfilm "Das neue Babylon" mit der Originalmusik von Dmitri Schostakowitsch.

Der Höhepunkt war gut versteckt. Erst um Mitternacht begann der sowjetische Stummfilm "Das neue Babylon" mit der Originalmusik von Dmitri Schostakowitsch. Das Neue Berliner Kammerorchester klang unter Frank Strobel zwar noch überraschend morgenfrisch, das Publikum jedoch war stark abgebröckelt im Laufe dieser Langen Nacht der Filmmusik. Mit seiner Holzschnittdramaturgie zwischen zechendem Bourgeois und hart schuftender Arbeiterin an der Handnähmaschine erweist sich der Film schnell als hochgradiger Ideologieträger. Die Regisseure Grigori Kosinzew und Leonid Trauberg fanden jedoch eine derart avancierte Bildsprache für den Blick zurück, dass diese Agitation auch heute noch fasziniert. Die Musik zeigt zwar noch nicht den verzweifelten Schostakowitsch, aber in maschinenhaft repetierten Floskeln wird durchaus eine sanfte Distanz spürbar.

Wie sehr die Wahrnehmung eines Stummfilms von der Begleitmusik abhängt, ließ sich schon vorher ebenfalls mit dem Neuen Berliner Kammerorchester unter Frank Strobel erfahren. "Ein andalusischer Hund", der berühmte Surrealistenfilm mit dem Rasiermesser, wurde einmal mit recht belanglosem Computergezirpe von Josef Anton Riedl begleitet und direkt danach mit einer ausfeilten Komposition von Mauricio Kagel. Während Riedl den Blick des Zuschauers ziellos schweifen lässt, lenkt Kagel die Wahrnehmung auf Schlüsselstellen, auf die unerklärlichen Wendungen der Filmemacher Luis Buñuel und Salvador Dali. Zwischendurch boten das Elite-Künstler-Orchester Filmschlager aus Ufa-Tagen und gleichzeitig das Trio Jens Thomas originell improvisierte Filmmusiken von Ennio Morricone. Einzig die Musik zu Fritz Langs "Metropolis" war in ihrer Beliebigkeit sehr enttäuschend. Es reicht eben nicht, bei dramatischen Szenen tief im Schlagzeug zu rühren und bei lyrischen Passagen ebenso tief in die esoterische Synthiepop-Grabbelkiste. Aber "Metropolis" gibt es bereits am 17. Mai wieder im Konzerthaus. Mit einer anderen Musik, wieder dirigiert von Frank Strobel. Den Termin sollte man sich merken.

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