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Nix ist mit Humptata. Andreas Martin Hofmeir und seine Tuba Fanny.

© Philippe Gerlach

Andreas Martin Hofmeir im Porträt: Das zärtliche Monstrum

Andreas Martin Hofmeir ist ein Tausendsassa an der Tuba. Jetzt kommt der Professor und Ex-Popstar erstmals als Kabarettist nach Berlin. Ein Gespräch.

Ins Ohr gesprungen ist er gleich. Und ins Auge auch. Das muss im Valentinstüberl in Neukölln gewesen sein, dieser für die Pflege bayerischen Brauchtums bekannte Kneipe. Und schon etliche Jahre her. Ein stattlicher Kerl, barfuß, bezopft, in Lederhosen. Er steckt in den Windungen einer Helikontuba und entlockt dem bislang sträflich ignorierten Instrument in einer affenartigen Geschwindigkeit jeden Bass überflüssig machende Rhythmen.

Damals, da war Andreas Martin Hofmeir der Tubist der von ihm 2007 im Chiemgau mitgegründeten Blechbläserband La Brass Banda und einige Jahre lang auf dem Weg zum deutschen Popstar. Das zeigten nicht nur die im weniger Blasmusik-affinen Berlin schnell größer werdenden Spielorte Lido und Columbiahalle, sondern vor allem La Brass Bandas zweiter Platz beim deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest 2013.

In dem Jahr hat Hofmeir als erster Tuba-Instrumentalist überhaupt dann auch noch den Echo Klassik bekommen. Eine Auszeichnung, die mit dafür verantwortlich ist, dass er den Poprummel fahren ließ und bei La Brass Banda, die vergangene Woche ihren zehnten Geburtstag mit einem umjubelten Konzert in der Münchner Olympiahalle feierte, ausstieg. Die Solokarriere war ihm wichtiger. Und die bringt den 1978 geborenen, in Geisenfeld in der Holledau aufgewachsenen Musiker, der mit 28 Jahren auch noch zum Professor für Tuba am Mozarteum in Salzburg berufen wurde, jetzt erstmals in einer weiteren Profession auf eine Berliner Bühne – als Kabarettist. Eine Zweitkarriere, die der Musiker auch schon mehr als 15 Jahre in wechselnden Formationen und solo betreibt.

Er erzählt vom pittoresken Leben mit dem sperrigen Instrument

„Kein Aufwand“ heißt die inzwischen schon zwei aktuelle Programme umfassende musikalisch-komödiantische Lesung, in die Hofmeir seine im vergangenen Jahr auch in Buchform erschienene Autobiografie zerlegt hat. Gemeinsam mit dem Gitarristen André Schwager spielt der Tausendsassa an der Tuba lateinamerikanischen Jazz und erzählt vom unfreiwillig pittoresken Leben mit einem sehr sperrigen und notorisch unterschätzten Instrument.

Ihn persönlich anzutreffen, ist gar nicht so leicht. Die Uni, die Meisterkurse, die Auftritte mit der experimentellen Formation Alpenjazz, wie erst vor einigen Wochen im Berliner Kammermusiksaal, mit seinem Harfen-Tuba-Duo, wie im Juni bei den Brandenburgischen Sommerkonzerten, als Solist in Sinfonieorchestern und vor allem die Kabarett-Termine halten den nach wie vor in Salzburg lehrenden und lebenden Hofmeir arg auf Trab.

Immerhin, ein Telefongespräch darf es dann aber doch sein. Und das beginnt der Bayer standesgemäß mit einem aufgeräumten „Grüß Gott“. Hofmeir gibt an diesem Montagnachmittag einen Workshop, in Porto, auf einem Tuba-Festival. „Das liegt – Moment, ich schau kurz nach – in Portugal!“ Na bitte, einen Lacher hat er schon. Termine dieser Art absolviert er dieses Jahr auch noch in Japan, der Schweiz und in Mexiko. „Wir Tubisten sind gesellige Menschen, der Konkurrenzkampf läuft auf einer sehr friedlichen Ebene ab, eigentlich steht eher die kulinarische Weiterbildung im Mittelpunkt.“ Weil sich der gern große Mengen verspeisende Tubist im Laufe der Jahre immer mehr der Form seines Instruments anpasst? „Nein, es geht eher um ein Gegengewicht zum Instrument, sodass man nicht ständig nach vorne fällt.“

Sein Ton ist elegant und so lyrisch wie ein Horn

Nun ist es nicht so, dass Hofmeir dauernd solche Korken abschießt. Auf seiner jüngsten CD „On the Way“, die er zusammen mit den Münchner Philharmonikern eingespielt hat und die – wie seine bisherigen Alben auch – vielfach Tuba-Konzerte beinhaltet, die eigens für ihn komponiert wurden, zeigt er sich als ein ernster Virtuose mit elegantem, lyrischen, an ein Horn erinnernden Ton.

Dass die Tuba wie kaum ein anderes Instrument zur Melodieführung geeignet ist, weil sie nachweislich den obertonreichsten Klang hat und über einen Tonumfang von fünf Oktaven verfügt, wie Hofmeir gerne betont, glaubt man diesem Solisten sofort. „Sie hat viel mehr Dynamikmöglichkeiten als ein Cello oder ein Sänger, kann so schnell spielen wie eine Geige und glänzen tut sie auch noch!“ Studiert hat Hofmeir übrigens in Berlin, erst an der Hanns-Eisler-Hochschule, danach war er Stipendiat an der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker. Hätten ihm die Münchner Philharmoniker nicht eine Stipendiatenstelle angeboten, wäre er ganz gern geblieben. „In Berlin wird man vom Busfahrer beschimpft, wenn man ein Ticket kauft. Das gefällt mir.“ Doch die seriöse sinfonische Solistenkarriere, die auch vier Jahre beim Bruckner Orchester Linz beinhaltet, hat ihn kreuz und quer durch die Konzertsäle getrieben – immer flankiert von den humoristischen Aktivitäten.

Die Tuba ist eine Preußin, 1835 in Berlin erfunden

Die stehen ganz offensichtlich in der Lakonikerschule eines Karl Valentin oder Gerhard Polt. Dass ein Scherze treibender bayerischer Blechbläser ja gewissermaßen ein doppeltes Klischee ist, kann der Bierzelten keineswegs abholde Anti-Humptata-Musikant nur in Teilen bestätigen. „Die Tuba ist ein preußisches Instrument, 1835 in Berlin erfunden. Für uns Bayern ist das ein herber Schicksalsschlag.“ Seins hört auf den schönen Namen Fanny. Und die alberne Marotte, sie auf der Bühne wie im Fernsehstudio stets barfuß zu spielen, erklärt er damit, früher zu häufig die Konzertschuhe zu Hause vergessen zu haben. Bei den lässig-hitzigen Blasmusik-Techno-Gigs von La Brass Banda hielten das ja sowieso alle Bandkollegen so.

Zur Tuba ist Hofmeir mit zwölf Jahren eigentlich eher zufällig gekommen. Wie jeder anständige Junge habe er Schlagzeuger werden wollen, erzählt er, doch weil es im Orchester Tubistenmangel gab, wurde er zwangsweise umbesetzt. „Meine Liebe zum Instrument hat sich eigentlich erst so richtig im Studium entwickelt. Da wurden mir die ungeheuren Möglichkeiten dieses zärtlichen Monstrums erst bewusst.“

Und die einfach so aufzugeben und mit dem Tubaspielen aufzuhören, wie es Andreas Martin Hofmeir zum Schrecken seiner Anhängerschaft am Jahresanfang auf seiner Homepage angekündigt hat, das geht nun gar nicht. Das habe sich folgendermaßen zugetragen, sagt der Schalk und erzählt, dass er Silvester beim Bleigießen eine Querflöte gegossen und einen Glückskeks mit dem Spruch „Du kannst mit deinem Leben ein besseres Zeugnis ablegen als mit deinen Lippen“ gezogen habe. Dieses Zeichen des Himmels will er ernst nehmen. Die Abschiedstour ist angesetzt. Sie soll 23 Jahre dauern.

Kabarett: Bar jeder Vernunft, So. 12.3., 19 Uhr; Konzert: Duo Harfe und Tuba bei den Brandenburgischen Sommerkonzerten, So. 18. 6., 17 Uhr, Marwitz

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