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Rachegöttin mit Lederhörnern. Angelina Jolie ist "Maleficent", die böse Fee.

© epd/Disney

Angelina Jolie in "Maleficent": Schön böse

Märchenfilme sind gerade der Hit: Nach diversen Schneewittchen-Streifen hat Disney sich nun erneut Dornröschen vorgenommen. Mit Angelina Jolie als „Maleficent – die dunkle Fee“.

Wenn ein Kind von den bösen Märchenfiguren begeistert ist statt von den guten, wenn sein Herz für die intrigante Schurkin schlägt und nicht fürs brave Prinzesschen, dann müssen sich seine Eltern keine Sorgen machen. Ihr Sprössling ist nicht für eine kriminelle Karriere prädestiniert, er ist einfach nur clever und hat eine Abneigung gegen Sentimentalitäten. Angelina Jolie, wen wundert das, war so ein Kind. Walt Disneys Zeichentrickfilm „Dornröschen“ hinterließ bei ihr deshalb einen bleibenden Eindruck, weil die dunkle Fee Maleficent lauter boshaft-witzige Bemerkungen machte. Ein prima Rollenmodell!

Der Traum, die Rolle einmal selber zu spielen, näherte sich im Frühjahr 2012 seiner Erfüllung. Da starteten innerhalb weniger Wochen gleich zwei Schneewittchenfilme, deren eigentlicher Star die böse Königin war: „Spieglein Spieglein“ mit Julia Roberts und „Snow White and the Huntsman“ mit Charlize Theron. Und schon zuvor hatte Disney immer wieder auf gute alte Märchenstoffe gesetzt. Ihr Kassenerfolg veranlasste Disney, 175 Millionen Dollar für ein weiteres ähnliches Projekt bereitzustellen: ein Realfilm, frei nach dem Dornröschenstoff. Roberts’ Königin war eine gut gelaunte, strahlend überlegene Salondame, Theron dagegen verhärmt und verbittert. Jolie hat für „Maleficent“ nun einen dritten Ansatz gewählt, mit gemischtem Erfolg.

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Angelina Jolie gehört zu jenen Prominenten, über die man alles zu wissen glaubt. Die Gazetten melden, welches Dritte-Welt-Land sie gerade bereist, in welchem Hotel sie absteigt und welche ihrer sechs Kinder dabei sind. Gnadenlos wird ihr Körper nach Hinweisen auf Essstörungen untersucht, jeder sichtbare Knochen gilt als Indiz. In ihren wichtigsten Filmrollen ist Jolie das exakte Gegenteil, eine unnahbare Schönheit, eine Frau ohne Biografie, ohne Psychologie. Auffallend oft hat sie Geheimagentinnen gespielt, zweimal „Lara Croft“, dann in „Mr. & Mrs. Smith“, „Wanted“, „Salt“, „The Tourist“. Und im Psychiatrie-Drama „Durchgeknallt“ erfährt man zwar von den anderen Insassinnen, was sie als Kind durchlitten haben, aber Jolie ist einfach nur da, ohne Erklärung. Eine Naturgewalt, nicht therapierbar.

Als Maleficent muss sie nun zum ersten Mal ein kompliziertes Gefühlsleben darstellen. Die Drehbuchautorin Linda Woolverton hat sich Gedanken darüber gemacht, was eine Frau dazu veranlasst, ein unschuldiges kleines Mädchen mit einem Fluch zu belegen. In ihrer Version der Geschichte ist Maleficent zunächst eine gute Fee, die sich in einen Jungen aus dem verfeindeten Nachbarreich verliebt. Sie träumt vom Frieden, aber der Junge verrät sie. Schlimmer noch, er betäubt sie und stiehlt ihr die Flügel. Dank dieser Tat wird er zum König ernannt. Maleficent sinnt auf Rache und wählt als Opfer die Königstochter Aurora, die an ihrem 16. Geburtstag in einen ewigen Schlaf fallen soll. Dann verliebt sie sich in das Mädchen. Maleficent bereut ihren Fluch, kann ihn aber nicht mehr zurücknehmen.

Der Film präsentiert eine Angelina Jolie, wie man sie eher nicht sehen möchte: reumütig, hilflos, eine Raubkatze ohne Krallen. Auf den Standfotos sieht sie umwerfend aus, die Stylisten haben ganze Arbeit geleistet: Maleficent ist eine majestätische Erscheinung mit hervorstehenden Wangenknochen (Gummi) und wechselnden Kopfbedeckungen (geripptes Lackleder), die ihre Hörner verzieren. Doch trotz der angeblichen Gefühlsschwankungen bleibt Jolies Spiel monoton. Nicht einmal ein Liebesleben ist dieser Frau vergönnt. Maleficents Diener, der schwarze Rabe Diaval, nimmt zwar plötzlich menschliche Gestalt an – die sehr ansehnliche Gestalt von Sam Riley – , aber daraus entwickelt sich keine Romanze.

Kommt wenigstens die Zielgruppe der Teenie-Mädchen auf ihre Kosten? Die heranwachsende Prinzessin Aurora (Elle Fanning) ist dafür etwas zu niedlich. Von der Darstellerin der vierjährigen Aurora zu schweigen, die nicht zufällig aussieht wie Brad Pitt. Alle anderen Bewerberinnen um die Rolle fürchteten sich vor den Hörnern auf Maleficents Kopf und gerieten in Panik; nur eine gewisse Vivienne Jolie-Pitt hatte dabei ihren Spaß.

Die Regie wurde Robert Stromberg anvertraut, der für das Production Design von „Avatar“ und „Alice im Wunderland“ Oscars gewonnen hat. Dort arbeitete er unter der Anleitung großer Visionäre wie James Cameron und Tim Burton. Auf sich allein gestellt, ist er bei den düsteren Wäldern und Schlössern kaum halb so kreativ. Anerkennung verdient allerdings der Verzicht auf visuellen Overkill und unmotivierte Kickbox-Einlagen. James Newton Howard steuert eine schön altmodische Musik bei, den Titelsong interpretiert Lana Del Rey.

Kein aufregender, aber ein sympathischer Film, der in den USA bereits kurz nach dem Start ein Drittel seiner Herstellungskosten eingespielt hat. Und Angelina Jolie kann weiterhin Höchstgagen verlangen, auch wenn sie für ihre böse Fee wohl keinen Oscar gewinnen wird.

In 20 Berliner Kinos. OV im Cinestar und Imax Sony-Center

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