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Der Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin-Mitte.

© picture alliance / dpa

Kunsträuber Napoleon: Vor 200 Jahren kehrte die Quadriga zurück

Im Jahr 1806 hatte Napoleon Schadows Kunstwerk geraubt, fast acht Jahre lang stand das Brandenburger Tor oben ohne da. Nach Frankreichs Niederlage wurde die Figurengruppe in Paris entdeckt und reiste fast drei Monatelang wieder nach Berlin.

Die Aachener hatten Pech gehabt. Die Nachricht, wann der Triumphzug aus Paris durch die alte Kaiserstadt fahren würde, war zu spät eingetroffen und alle Bemühungen, noch schnell etwas auf die Beine zu stellen und der berühmten Besucherin alle militärischen Ehren zu erweisen, liefen ins Leere.

Düsseldorf hatte mehr Glück. Schon aus der Ferne sah man die Wagenkolonne ankommen, Stunden vorher war „die ganze Gegend bei dem neuen Hafen von Menschen bedeckt“, wie es in einem zeitgenössischen Bericht heißt. „Sobald man die Wagen, auf welchem jenes Kunstwerk tranportiert wird, auf dem jenseitigen Ufer des Rheins erblickte, wurden sie auf dem diesseitigen mit allgemeinem Jubelgeschrei bewillkommt, und die zum Behuf der Ueberfahrt damit beladenen Kähne wurden, als sie diesseits in den neuen Hafen einliefen, von den am Ufer versammelten Stadt-Behörden unter Kanonendonner und unter dem Läuten der Glocken empfangen.“ Genau 200 Jahre ist es an diesem Sonntag her, dass die Quadriga, Johann Gottfried Schadows Pferdegespann mit der Friedensgöttin Eirene, auf ihrem Rückweg von Paris nach Berlin durch Düsseldorf kam. Am 21. April 1814 war sie an der Seine gestartet, aber es sollte noch knapp einen Monat dauern, bis sie im Jagdschloss Grunewald eintraf, damit also heutigen Berliner Boden erreichte.

Fast acht Jahre hatte das Brandenburger Tor oben ohne dagestanden, was die Berliner als besonders schmachvoll ansahen. In den Verhandlungen nach der preußischen Niederlage von Jena und Auerstedt hatte Napoleon sich auch die Übergabe von Kunstwerken ausbedungen, hatte mit dem Baron Dominique Vivant Denon gleich einen Kunstsachverständigen dabei, der kurz nach dem Einzug der Franzosen in Berlin zweimal Schadow in seinem Atelier besuchte. Sein Hauptanliegen: Napoleon wollte die Quadriga. Schadow und andere Berliner Honoratioren richteten eine Bittschrift an Napoleon, warnten vor drohender Beschädigung der Figurenguppe – vergebens. Der Brief hatte Napoleon nicht mal erreicht. Also wurde der Potsdamer Kupferschmied Emmanuel Jury, der die Gruppe nach Schadows Modell angefertigt hatte, mit dem Abbau betraut. Zwischen 15. Oktober und 21. Dezember 1806 wurde die Quadriga vom Tor geholt und in zwölf Kisten verpackt, kurz danach verließ sie die Stadt.

„Übermuth nahm sie – Tapferkeit bringt sie zurück“. So stand es unter einer Karikatur zur Rückführung der Quadriga nach Berlin (Punktierstich, 1814, von Daniel Berger).
„Übermuth nahm sie – Tapferkeit bringt sie zurück“. So stand es unter einer Karikatur zur Rückführung der Quadriga nach Berlin (Punktierstich, 1814, von Daniel Berger).

© akg-images

Napoleon hatte die Quadriga für einen neuen Triumphbogen in Paris vorgesehen, wozu es aber nicht kam. Nach Reparatur der Transportschäden wurde sie an verschiedenen Orten gelagert, nach der für Napoleon verheerenden Völkerschlacht bei Leipzig 1813 versteckt, durch preußische Soldaten nach der Besetzung von Paris aber am 4. April 1914 entdeckt. Der Legende nach soll eine junge Pariserin den Ort verraten haben und später von den Franzosen hingerichtet worden sein.

Der Rückweg der Friedensgöttin, die dabei im nationalen Überschwang von Eirene zu Viktoria, zur Siegesgöttin umgedeutet wurde, war mit allerlei Hindernissen verbunden, auch gibt es über den zeitlichen Ablauf teilweise variierende Angaben. Auch um diesen Transport, der im Volksmund bald „Retourkutsche“ hieß, ranken sich allerlei Legenden, so wird er Generalfeldmarschall Blücher, später neben Wellington Sieger von Waterloo, zugesprochen, der aber wohl nicht beteiligt war. Auch wird gelegentlich der spätere Berliner Fuhrunternehmer Simon Kremser als Leiter des Rücktransports genannt. Den Auftrag hatten allerdings zwei französische Spediteure erhalten, und die Franzosen stellten auch eine Militäreskorte.

Diesmal war Schadows Quadriga sogar in 15 Kisten verstaut worden, mit denen man sechs Frachtwagen belud. Der Weg war mühselig, die meisten Straßen waren noch unbefestigt. So dauerte es noch bis zum 9. Juni, dass der Zug im Jagdschloss Grunewald sein vorläufiges Ziel erreichte. Hier wurden die Figuren erst mal repariert und der Stab der Göttin zum Siegeszeichen umdekoriert. Zuvor war an seiner Spitze ein Lorbeerkranz mit darüber schwebendem römischen Adler, nunmehr wurde nach einem Vorschlag Karl Friedrich Schinkels aus dem Lorbeer Eichenlaub, aus dem römischen der preußische Adler und als Krönung wurde in den Blätterkranz auch noch das von Schinkel entworfene Eiserne Kreuz, der anlässlich der Befreiungskriege gestiftete Orden, hineinmontiert.

Bis Ende Juni waren diese Arbeiten abgeschlossen und die Figur reiste weiter, kam am 27. Juni am Brandenburger Tor an und wurde wenig später wieder hinaufgehievt. Vorerst wurde die Siegesgöttin mit ihrem Vierergespann allerdings hinter einer Verkleidung versteckt, erst am 7. August 1814 wurde sie von Friedrich Wilhelm III. unter dem Jubel der Berliner wieder eingeweiht. Sie sah aus wie neu, das musste 1822 auch Heinrich Heine zugeben: „Die gute Frau hat auch ihre Schicksale gehabt; man sieht’s ihr nicht an, der mutigen Wagenlenkerin.“

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