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Kultur: Anti-Terror-Paket: Katalog der Abwehr

Der Maßnahmenkatalog wurde schon vor den Anschlägen gegen die USA diskutiert, doch jetzt ist er hoch aktuell: In einem 31-Punkte-Papier listen Verfassungsschützer auf, wie der Herausforderung durch den militanten Islamismus begegnet werden müsste. Das Repertoire umfasst nach Informationen des Tagesspiegels politische, administrative und gesetzgeberische Maßnahmen - von der "geistig-politischen Auseinandersetzung mit dem Islamismus" bis zur Überlegung, V-Leuten eine Teilnahme an schwereren Straftaten zu gestatten.

Von Frank Jansen

Der Maßnahmenkatalog wurde schon vor den Anschlägen gegen die USA diskutiert, doch jetzt ist er hoch aktuell: In einem 31-Punkte-Papier listen Verfassungsschützer auf, wie der Herausforderung durch den militanten Islamismus begegnet werden müsste. Das Repertoire umfasst nach Informationen des Tagesspiegels politische, administrative und gesetzgeberische Maßnahmen - von der "geistig-politischen Auseinandersetzung mit dem Islamismus" bis zur Überlegung, V-Leuten eine Teilnahme an schwereren Straftaten zu gestatten. Am heutigen Freitag soll der Katalog in Düsseldorf beraten werden.

Dort trifft sich der "AK 4", der Arbeitskreis der Fachbeamten, die in den Innenministerien für den Verfassungsschutz zuständig sind. Nach der Tagung sollen sich dann die Innenminister mit den Wünschen der Verfassungsschützer befassen. Ob das 31-Punkte-Papier komplett in der vorliegenden Fassung den Ministern zugeht, ist aber fraglich. Einige Vorschläge sind auch unter Verfassungsschützern umstritten.

Als brisant gilt beispielsweise der Vorschlag, V-Leute sollten sich an schwereren Straftaten islamistischer Gruppen beteiligen dürfen. Wer dafür ist, argumentiert, es sei schwierig, überhaupt in der Islamisten-Szene Kontakte zu knüpfen. Die wenigen V-Männer dürften nicht wirkungslos werden, weil allenfalls die Teilnahme an Propaganda-Aktionen gestattet ist. Andere Verfassungsschützer weisen aber auch auf die lästigen Skandale hin, die V-Leute in der Vergangenheit verursacht haben. Ein Beispiel: Allein der Verdacht, vom Verfassungsschutz bezahlte Neonazis hätten Aufmärsche organisiert, brachte einigen Landesbehörden reichlich Ärger ein.

Diskutiert wird im Verfassungsschutz auch, ob schon die Speicherung der Daten von 14-Jährigen sinnvoll sei. Bislang liegt die Altersgrenze laut Bundesverfassungsschutzgesetz bei 16 Jahren. Ein weiterer Punkt: Die geforderte Sicherheitsüberprüfungen von Bediensteten im Flugverkehr stößt auf Widerstand bei den Fluggesellschaften. Außerdem bezweifeln Experten, dass die bei Überprüfungen anfallende Datenmenge überhaupt zu bewältigen ist. Debattiert wird auch über die geforderte Änderung des Postgesetzes. Demnach sollen Postdienstunternehmen verpflichtet werden, den Verfassungsschutz über auffällige Briefe und Pakete, beispielsweise Propagandamaterial, zu unterrichten. Dieser Eingriff ins Postgeheimnis geht jedoch manchen Verfassungsschützern zu weit.

Banken sollen Auskunft geben

Weitgehend einig scheinen sich die Verfassungsschützer bei folgenden Forderungen zu sein: "Auskunftspflicht von Banken/Geldinstituten zur Erforschung von Geldströmen", "Auskunftspflicht von Fluggesellschaften", "Erfassung der Religions- und Volkszugehörigkeit im Ausländerzentralregister", "strafrechtliche Sanktionen gegen Teilnehmer an terroristischen Ausbildungen", "Ausweisung extremistischer ausländischer Straftäter". Auch die Beteiligung der Verfassungsschutzbehörden an den Verfahren zur Einbürgerung wird offenbar von den meisten Experten befürwortet.

Als zu kurz empfindet der Nachrichtendienst die Überprüfungs- und Löschfristen, die im Bundesverfassungsschutzgesetz festgelegt sind. Dort heißt es in Paragraf 12, Absatz 3, spätestens nach fünf Jahren sei zu prüfen, "ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind". Eingeschränkt möglich ist bislang die Ausdehnung der Frist auf zehn Jahre "nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information".

Ein weiterer, zentraler Punkt ist das so genannte G-10-Verfahren. Gemeint ist vor allem die Berechtigung von Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischem Abschirmdienst, den Telefonverkehr zu überwachen und aufzuzeichnen. Gefordert wird nun, das G-10-Verfahren zu beschleunigen. Die Verfassungsschützer glauben, die bisherige Praxis sei nicht flexibel genug. So können zwar die bei einem Telefonanschluss ein- und ausgehenden Gespräche mitgehört werden - sollte aber der überwachte Teilnehmer seine Nummer häufig wechseln, vermag der Verfassungsschutz bisweilen nur schnell genug umzusteigen, wenn der zuständige Innenminister wegen drohender Gefahr eine Eilanordnung herausgeben kann. Ungenügend sind nach Ansicht von Verfassungsschützern auch die Möglichkeiten, den Aufenthalt von Handy-Nutzern während eines Telefonats festzustellen.

Den Einsatz technischer Mittel in Wohnungen wollen die Verfassungsschützer erweitern. Bisher setzt das Bundesverfassungsschutzgesetz dem großen Lauschangriff enge, auf konkrete Gefahren bezogene Grenzen. Diese möchte der Verfassungsschutz ausweiten.

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