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Kultur: Antworten von

VORWAHL (8)

Thea Dorn

Wir haben Künstlern und Schriftstellern drei Fragen gestellt. 1. Deutschland und der Reformstau: Welche Reformen halten Sie für am dringlichsten – und was wäre Ihre Lieblingsreform? 2. Schröder contra Stoiber: Welchen Rollen-Typus verkörpern die beiden Staatsschauspieler? 3. Ist die etablierte Parteienklasse zu versteinert – und würden Sie sich einen neuen Politikertypus wünschen? Was wäre die Lockung oder Drohung eines Außenseiters à la Pim Fortuyn?

1. Im Vergleich zu dem Stau, der in den 16 Jahren vor Rot/Grün geherrscht hat, würde ich die aktuelle Lage eher als stockenden Verkehr bezeichnen. Einiges (Zuwanderungsgesetz, Atomausstieg, Homoehe) hat sich ja bewegt. Angesichts der Wirtschaftslage wäre die dringendste Reform, den Leuten klarzumachen, dass sie nicht nach Reformen schreien, sondern ihre eigenen Hintern in Bewegung setzen müssen. Meine Lieblingsreform? Abschaffung der Gewerkschaften im Theater- und Opernbetrieb.

2. In jedem Seuchenfilm wäre Stoiber der General, der den Befehl erteilt, die von Viren,KillerspinnenoderGenratten befallene Stadt zu schließen und zu bombardieren. Schröder wäre der Offizier, der sich weigert, den Auslöschungsbefehl umzusetzen und stattdessen in die Sperrzone fliegt, weil sich das Viren-/Killerspinnen-/Genratten-Problem vielleicht doch noch lösen lässt.

3. Auch wenn einige der uns Regierenden wie ihre eigenen Großmütter aussehen, sind sie doch erheblich lebendiger als die Fossile der Kohlzeit (und ihre Nachkommen). Demokratien funktionieren nach dem Prinzip: In der Mitte entspringt ein Politiker. Und das ist gut so, aber natürlich auch ein wenig fad. Ich glaube nicht, dass es in Deutschland (oder ganz Europa) eine bedeutsame Zahl von Leuten gibt, die ein nicht-mehr-freiheitliches System wirklich wollen. Was es gibt, ist die große Langeweile. Und so flirtet der eine oder andere Europäer in seinen Tagträumen mit den Le Pens, Haiders und Schills.

Thea Dorn lebt als Schriftstellerin in Berlin. Zuletzt erschienen von ihr „Ultima Ratio“ (Rotbuch) und, als Hörspiel, „Marleni“ (Eichborn). Nächste Folge: Jürgen Flimm

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