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Kultur: Antworten von

VORWAHL (16)

Andreas Dresen

Wir haben Künstlern und Schriftstellern drei Fragen gestellt. 1. Deutschland und der Reformstau: Welche Reformen halten Sie für am dringlichsten – und was wäre Ihre Lieblingsreform ? 2. Schröder contra Stoiber: Welchen Rollen-Typus verkörpern die beiden Staatsschauspieler? 3. Ist die etablierte Parteienklasse zu versteinert – und würden Sie sich einen neuen Politikertypus wünschen? Was wäre die Lockung oder Drohung eines Außenseiters à la Pim Fortuyn?

1. Gerechtigkeit muss her! Es kann doch nicht sein, dass große Unternehmen in diesem Land dicke Gewinne machen, aber keine Steuern zahlen. Und die Regierungen weltweit immer erpressbarer werden. Die neoliberale Wirtschaftspolitik führt ins Abseits: Die Kommunen verarmen und sind immer weniger in der Lage, ihren Verpflichtungen in sozialen, kulturellen und infrastrukturellen Bereichen nachzukommen. Eine entschiedene Reform der Steuergesetzgebung ist nötig. Und die Suche nach neuen Modellen, weltweit. Die vieldiskutierte Tobin-Steuer auf Devisentransaktionen wäre beispielsweise so ein Weg. Ich erwarte von der Politik klare Haltungen und entschiedene Schritte. Und den Mut, auch wehzutun; irgendwer wird immer schreien, wenn Dinge verändert werden müssen. Die Stärksten und Wohlhabendsten haben dabei leider meist auch die beste Lobby.

2. Ich würde sie gar nicht besetzen! Politik ist zuviel Schauspiel geworden, zuviel Inszenierung. Jeder will nur noch originell sein in der Außenwirkung. Mir wäre lieber, man würde sich wieder auf Inhalte konzentrieren statt auf talentlose Showeinlagen.

3. Die wirklich charismatischen Typen scheinen aus der Politik zu verschwinden. Wir werden immer mehr von einer Clique von Karrieristen regiert, die oft auf direktem Weg die politische Laufbahn beginnen und keine Realitätserfahrung mitbringen. Es geht dann meist nur noch darum, möglichst schnell die Karriereleiter nach oben zu klettern. Ich wünsche mir ernsthaftere Politiker, die den Zustand unserer Welt reflektieren und nicht nur sich. Und die nicht nur bis morgen oder zur nächsten Wahl denken. Denn sonst steht man immer vor dem Dilemma, nur das kleinere Übel wählen zu können.

Andreas Dresen lebt als Filmemacher in Potsdam. 2002 wurde er für „Halbe Treppe“ mit dem Silbernen Bären der Berlinale und dem Deutschen Filmpreis in Silber ausgezeichnet. Nächste Folge: Joseph von Westphalen.

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