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Architekt HG Merz: Nachkarten gilt nicht

Der Stuttgarter Architekt HG Merz hat in Berlin die Alte Nationalgalerie renoviert. Hier spricht er über das Votum der Humboldt-Jury.

Herr Merz, ab heute sind die Wettbewerbs entwürfe für das Humboldt-Forum im Kronprinzenpalais zu sehen. Worauf sollten die Besucher achten?



Neben dem Siegerentwurf von Franco Stella gibt es zwei bemerkenswerte Entwürfe von den Berliner Büros Kuehn Malvezzi und GSW. Wie sie hat auch Max Dudler versucht, bei der Gestaltung der barocken Fassaden eine eigene Interpretation hereinzubringen. Die übrigen Wettbewerbsteilnehmer haben die historisierende Front belassen. Die Ausstellungsbesucher sollten darauf achten, wie die alten Fassaden mit der vierten, neuen zusammengehen und einander ergänzen. Für die neue Fassade zum Marx-Engels-Forum gab es unterschiedliche Lösungen; einige lehnen sich an die ursprüngliche Renaissance-Fassade an, was aber nicht funktioniert, weil der Apotheker-Flügel nicht mehr vorgesehen ist. Die Übergänge zwischen Alt und Neu sind wichtig. Und wie sich Inneres und Äußeres zusammenfügt. Im alten Schloss gab es eine Aneinanderreihung von Räumen, jetzt sind es große Säle, die nicht unbedingt stimmig sind. Der Stella- Entwurf ist nicht schlecht, weil er mit den großen Räumen nach innen rückt. Dadurch erhält er den Schlosscharakter. Sein Entwurf könnte frecher sein, aber vielleicht sind wir es auch nicht.

Warum wurde Kuehn Malvezzi ein mit 60 000 Euro hoch dotierter Sonderpreis zuerkannt?

In ihrem Entwurf stellt sich die Fassade als Prozess dar, zunächst nur in Ziegeln, als reine Struktur, die dann sukzessive mit den nachgebauten Elementen belegt wird. Er geht auch im Inneren anders mit der Raumaufteilung um, ähnlich wie GSW, die alles unter die Erde verlegen und oben das Schloss mit den restaurierten Fassaden abliefern. Sie haben das Museum in den Keller verfrachtet, dabei allerdings die Grundstücksgrenzen überschritten.

Geht die Schlossdebatte mit der Ausstellung nun noch weiter, oder war es das?

Die Entscheidung ist eindeutig gefallen. Die Sonderpreis an Kuehn Malvezzi, der von der Dotierung her vor den dritten Plätzen liegt und damit heimlicher Zweiter ist, wird zumindest die Fachwelt animieren, weiter zu diskutieren.

Das heißt, dieses von der Jury eingesetzte Instrument eines Sonderpreises, um den Wettbewerb vielleicht doch noch zu öffnen, bleibt folgenlos?

Ich glaube nicht, dass noch etwas geschieht. Der Stella-Entwurf wird den Bundestag passieren; schließlich erfüllt er fast alle Anforderungen – und das ganz anständig. Er ist nicht, wie es geheißen hat, der Beste unter den vielen Schlechten. Es gibt deutlich schlechtere.

Das klingt nicht gerade zufrieden. Haben Sie nur deshalb Ihre Stimme gegeben, weil Sie der Form genügen wollten?

Das muss man. Es hat keinen Zweck nachzukarten. Gleich zu Anfang hätte man den Wettbewerb öffnen sollen, aber dem kann man jetzt lange nachweinen.

Macht eine Wettbewerbsentscheidung überhaupt noch Spaß, wenn die Bedingungen so eng gefasst sind?


Aber ja, die zwei Tage waren seltsamerweise ganz angenehm. Es gab Spielraum. Natürlich kann man auch gar keinen ersten Preis vergeben, aber Franco Stella hat die gestellten Aufgaben ja gut erfüllt. Man hätte sich auch eine andere Lösung vorstellen können wie etwa die von Kuehn Malvezzi, aber dafür gab es keine Mehrheiten.

Die Entwürfe des Wettbewerbs für das Humboldt-Forum sind ab heute 18 Uhr im Kronprinzenpalais zu sehen (Unter den Linden 3, bis 20. 12., tägl. 12-20 Uhr).

Interview: Nicola Kuhn.

HG Merz (61) war Fachjuror beim Berliner Schloss-Wett bewerb. Der Stuttgarter Architekt ist Spezialist für Museums umbauten und hat in Berlin die Alte Nationalgalerie renoviert.

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