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Volkwin Marg, 78, ist einer der Gründer des Hamburger Architekturbüros gmp und engagiert sich als Privatmann fürs Kulturforum. Er wünscht sich dort einen "Lustgarten der Moderne".

© dpa

Architekt Volkwin Marg zum Kulturforum: "Unterführung der Potsdamer Straße stünde technisch nichts entgegen"

Der Architekt Volkwin Marg erläutert im Tagesspiegel-Gespräch sein Engagement und seine Visionen für das Berliner Kulturforum. Bei der Neugestaltung dieses zentralen Berliner Orts wünscht er sich weniger Kompetenzwirrwarr und mehr Bauherrenprofessionalität.

Herr Marg, Sie kämpfen vehement für eine Neugestaltung des Kulturforums in Berlin. Sie sind mit Ihren Plänen seit Monaten bei Politikern und Journalisten unterwegs. Was treibt Sie? Es wird doch ein Architekturwettbewerb für das Museum der Moderne und seine Umgebung vorbereitet.

Das ist erst passiert, nachdem ich den offenen und auch städtebaulichen Wettbewerb gefordert hatte. Im Übrigen bin ich nicht nur Hamburger, ich bin seit ewigen Zeiten Berliner. Mein Vater war Pfarrer am Prenzlauer Berg. Das Kulturforum begleite ich seit den sechziger Jahren. Scharoun und Mies van der Rohe sind meine Halbgötter, und ich habe stets darunter gelitten, dass das Gelände ein solcher Torso geblieben ist, ein unvollendetes Projekt der Moderne.

Sie wollen mit Ihren Interventionen eine bestimmte Ausrichtung des Wettbewerbs?
Absolut nicht. Ich habe schon im letzten Sommer – da war an das Geld für das neue Museum noch nicht zu denken – Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, meinen Vorschlag unterbreitet. Als der Bundestag im November letzten Jahres die 200 Millionen Euro für den Museumsbau bewilligte, dachte ich: Das ist die große Chance für das Kulturforum.

Architektentraum. Volkwin Marg will am Kulturforum eine „preußische“ Garten- und Wasserlandschaft.
Architektentraum. Volkwin Marg will am Kulturforum eine „preußische“ Garten- und Wasserlandschaft.

© Abbildung: gmp-Architekten

Alles auf Anfang: Sie wollen die Potsdamer Straße am Kulturforum in einen Tunnel legen, eine grüne Stadtlandschaft mit Wasserspielen generieren …
Nein, die Reihenfolge bleibt, erst das Museum, später alle anderen Optionen, vom Lustgarten der Moderne bis hin zur möglichen Unterführung der Potsdamer Straße. Letzterem stünde technisch nichts entgegen. Ich habe das geprüft mit Ingenieuren und Verkehrsplanern.

Und damit sind Sie bei Politikern vorstellig geworden?
Ich bin nicht vorstellig geworden, ich habe Unterlagen verschickt an die Kulturstaatsministerin Grütters, an den Stadtentwicklungssenator Geisel, an die Senatsbaudirektorin Lüscher, an den Kulturstaatssekretär Renner, an die Haushälter im Bundestag. Ich wollte nicht, dass das wichtige Thema „Zukunft des Kulturforums“ zerredet wird, bevor sich die Politik eine Meinung bildet. Sauberer kann man nicht arbeiten. Erst danach haben wir die Medien informiert.

Es waren drei Hamburger Bundestagsabgeordnete beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller, und Sie sollten bei dem Gespräch dabei sein – was vom Büro des Regierenden abgelehnt wurde.
Diese Version der Abläufe ist eine andere, als sie der Tagesspiegel vom 27. Mai 2015 berichtet hat. Dort heißt es, dass die Bundestagsabgeordneten Kruse, Kahrs und Hajduk bei einem Treffen mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller am 20. April 2015 im Roten Rathaus „noch einen Herrn dabei“ hatten, „der nicht bei Michael Müller angemeldet war: den Architekten Volkwin Marg“. Diese Darstellung ist falsch, irreführend und diskreditierend. Ich war noch nie im Roten Rathaus und am 20. April überhaupt nicht in Berlin.

Sie haben Ihre eigenen Vorstellungen. Aber der Bund, der Berliner Senat und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz wollen die alte Debatte über das Kulturforum nicht wieder aufmachen, sondern ein neues Museum bauen, das dringend gebraucht wird.
Man kann auf dem Kulturforum nicht bauen, ohne den Kontext des Ganzen mit einzubeziehen zwischen Neuer Nationalgalerie und Staatsbibliothek, Philharmonie und Gemäldegalerie. Das Museum der Moderne ist ein Pilotprojekt, später muss noch vieles andere auf dem Kulturforum passieren. Mit dem Neubau darf die Zukunft nicht verbaut werden.

Ihr Name hat Gewicht, Sie wollen Einfluss nehmen. Das irritiert. Zumal Ihr Büro gmp beim Flughafen BER mit der Flughafengesellschaft im Rechtsstreit liegt.
Dem sehe ich mit Interesse entgegen. Dem neuen Museum und der Neugestaltung des Kulturforums wünsche ich jedenfalls weniger Kompetenzwirrwarr und mehr Bauherrenprofessionalität als beim BER. Was ich hier tue, ist absolute Bürgerpflicht in einer demokratischen Baukultur. Ich handele als Privatperson, nicht im Namen von gmp. Wenn man Architekten überhaupt etwas vorwerfen kann, dann ist es, dass sie unkritisch Vorgaben nachvollziehen und deren Prämissen nicht hinterfragen. Ich verhalte mich politisch, als Bürger und Architekt. Deshalb verstehe ich die Kritik nicht.

Ist die Sache mit dem Kulturforum nicht gelaufen – seit Jahrzehnten? Der Potsdamer Platz, das Sony Center stehen und beeinflussen das Bild. Eine von Ihnen vorgeschlagene grüne Oase Kulturforum lässt sich schwer noch darstellen.
Falsch! Gelaufen ist schon 2013 eine Untersuchung des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung für mehrere Standorte für das neue Museum. Dort gab es keine alternativlose Festlegung auf die Potsdamer Straße. Da würden Sichtachsen gestört. An der Sigismundstraße ergäbe sich die Verbindung zur Neuen Nationalgalerie und auch zur Gemäldegalerie viel besser. Man hatte sich damals bereits in Abstimmung mit Berliner Behörden und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für die Sigismundstraße entschieden. Die Situation in Berlin muss nicht den Charakter einer permanenten Tragödie haben: Jeder will etwas für sich Nachvollziehbares, und heraus kommt eine Katastrophe. Tempelhof, ICC – schauen Sie sich um!

Der Entschluss, das Museum der Moderne zu bauen, ist aber wirklich keine Schande.
Nein, eine gute Tat. Ich verstehe, dass die Kulturstaatsministerin Grütters die Stifter und Sammler nicht länger hinhalten will. Ich verstehe, dass Herr Parzinger sagt: Endlich haben wir es geschafft, nach all den Jahren. Ich verstehe aber nicht, dass man deswegen etwas schlechter macht, was man besser machen kann. Damit das ganze Projekt gelingt, sollte man jetzt einen externen Projektsteuerer für das Kulturforum engagieren, der von der Ausschreibung des Wettbewerbs bis zur Schlussabrechnung verantwortlich ist. Die Entwicklung des Kulturforums braucht eine ungeteilte Verantwortung in der Steuerung und nicht einen Salat von Zuständigkeiten.

Das Gespräch führte Rüdiger Schaper.

Mehr zum Museum der Moderne: www.tagesspiegel.de/museum-der-moderne

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