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Architektur: Ein buntes Museum für München

Die Architekten der Sammlung Brandhorst.

Die ehemalige preußische Militärschneiderei in der Lehrter Straße platzte aus allen Nähten. Jetzt ist sie um zwei Geschosse aufgestockt und „rechtzeitig zur Krise“, wie sie sagen, sind sie fertig geworden: die neuen Räume für das Architekturbüro von Matthias Sauerbruch und Louisa Hutton. Es sind helle, weite, hohe Räume mit shedartigen Oberlichtern.

Die deutsch-englische Büro- und Lebensgemeinschaft, ausgebildet im Dunstkreis der jeglicher Konvention unverdächtigen Londoner Architekturschule AA mit Protagonisten wie Zaha Hadid oder Rem Koolhaas, bewahrte sich recht lange das Image einer avantgardistischen Jungtruppe – auch wenn sie längst Bauaufgaben im großen Maßstab meistern. Für den Standort der Britin Hutton und des Schwaben Sauerbruch musste es Berlin sein. In der Stadt mit den vielen kriegsbedingten fraktalen Situationen können sie ihrer Passion nachgehen: die Potenziale des Ortes entwickeln, Strukturen intelligent ergänzen, mit sympathischen Bauten gute Laune verbreiten.

Leider gehörten Sauerbruch Hutton zu jenen Architekten, die sich in der Stimmann-Ära keiner großen Förderung erfreuten. Immerhin realisierten sie in den 90er Jahren das GSW-Hochhaus in der Kochstraße, das schönste Hochhaus Berlins, mit dem sie zeigten, wie die von der amtlichen Stadtplanung favorisierte Blockrandstruktur auch anders interpretiert werden kann. In Adlershof entstand 1996/97 das Photonikzentrum, zwei im Grundriss amöboide Baukörper mit schwingenden Fassaden, die mit kräftigem Farbspiel eine heitere Note in den Forschungspark bringen. Ein Hintersinn verbirgt sich im Farbspiel der Feuerwache auf dem Moabiter Werder. Die Fassade wechselt pixelweise vom Grün der Polizei an der Straßenseite ins Rot der Feuerwehr gegen die Spree.

Wie kaum ein anderes Team haben die beiden einen unverwechselbaren Individualstil entwickelt: mit fließenden und runden Formen sowie dem Einsatz kräftiger Farben, ihrem Markenzeichen. Auch wenn mitunter die Geschmackstoleranz des Normalbürgers überfordert ist, die Kreationen von Sauerbruch Hutton treffen auf weitgehende Akzeptanz. Ihr Umweltbundesamt in Dessau, ein mit energie- und umweltschonenden Techniken ausgestatteter Bau, überzeugt mit seinem grünen Atrium und angenehmer Arbeitsatmosphäre. Die Farbflächen laufen in den Fensterbändern rings um den schlangenförmig um ein Atrium gelegten Bau.

In München, wo an diesem Montag mit dem neuen Museum für die Sammlung Brandhorst der jüngste Bau der Berliner Architekten eröffnet wird, herrschen die Gelbtöne vor. Wieder kommt die charakteristische Farbpalette ins Spiel, doch diesmal in verfeinerter Form. Bunte Keramikstäbe in der Museumsfassade fungieren als Reflex der Farbe in der Umgebung.

Matthias Sauerbruch ist mit seinen unkonventionellen Ideen an der Akademie der Bildenden Künste am Stuttgarter Weißenhof präsent, wo er seit 2001 lehrt. Viele Nachwuchsarchitekten orientieren sich an Sauerbruch Hutton, deren Weltläufigkeit es mit sich bringt, dass sie das im Ausland verbreitete Bild von der soliden, aber sterbenslangweiligen deutschen Architektur ein wenig korrigieren können. Zwar befinden sich ihre größeren Projekte in Deutschland, doch die Mehrzahl der Aufträge kommt aus dem Ausland. So entstehen Bürohäuser in Mailand, Paris und Genf, ein Universitätsbau in Sheffield sowie ein Masterplan im holländischen Tilburg.

Im Ausland haben sie auch einen Namen als ökologische Architekten, die mit dem Umweltbundesamt den ersten Bürobau entwickelten, dessen Energiedaten laufend erforscht werden. Ihrem Ziel, ein Nullenergie-Bürohaus zu errichten, kommen sie mit jedem Projekt näher. Davon profitiert auch die Sammlung Brandhorst. Schon jetzt gilt das Museum als mustergültig klimatisiertes Haus mit minimiertem Energiebedarf. Falk Jaeger

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