zum Hauptinhalt
Menschenbilder. Skulpturen von Tony Cragg „wt (accurate Figure)“ und Antony Gormley „Shrive X (twisted)“ am Stand der Galerie Thaddeus Ropac. Foto: dapd/VG Bild-Kunst, 2012

© dapd

Art Cologne: Große Welle

Man sieht sich in Köln: Berliner Galerien nutzen die Art Cologne für einen starken Messeauftritt.

NADA: Vier Buchstaben signalisieren, dass die Kölner Kunstmesse auch nach dem Ende ihres Wettstreits mit Berlin nicht zur Ruhe kommt. Hinter dem Kürzel verbirgt sich die in New York ansässige „New Art Dealers Alliance“, die seit 2003 die wichtigste Nebenmesse der Art Basel Miami betreibt. Nun expandiert die NADA nach Europa und bietet der Art Cologne die Möglichkeit zur weiteren Internationalisierung und Profilierung im Segment für aktuelle Kunst.

Dass die Vereinigung mehrheitlich US-amerikanischer Kunsthändler Köln statt Basel für den Sprung über den Atlantik wählt, begründete NADA-Direktorin Heather Hubbs 2011 mit der stabilen Wirtschaftslage Deutschlands und dem aufgeschlossenen Publikum. Über die Entwicklung der Art Cologne in den vergangenen Jahren ließ sie sich überdies von Messeleiter Daniel Hug informiert: Beide waren vor über zehn Jahren in unterschiedlichen Funktionen für die Art Chicago tätig.

Immerhin zwölf von insgesamt 33 Galerien der NADA Cologne sind aus den USA angereist. Mit einer eigenständigen Standarchitektur nehmen sie zu vergünstigten Konditionen ein Sechstel der Grundfläche in der oberen Messehalle ein und ersetzen den Open Space, der davor sechs Jahre lang als Bühne für alternative Präsentationsformen von Kunst diente. Die relativ günstigen Standmieten von 3000 Euro ermöglichen Verkaufspreise, wie sie den jungen künstlerischen Positionen am Markt angemessen sind. So bietet die Galerie Desaga Bilder und Objekte von Frauke Boggasch und Robert Kraiss zwischen 350 und 6000 Euro an. Der praktischen, aber etwas gleichförmigen Standarchitektur begegneten viele Galerien mit originellen Konzepten. Etwa Warhus Rittershaus aus Köln, die dank zweier mobiler Konstruktionen die Präsentationsfläche für ihren Künstler Andreas Breuning vervielfachen (Preise: 800–5200 Euro).

Schließlich wählte die NADA-Jury aus dem Bewerberkreis auch Max Mayer, der erst vergangenes Jahr in Düsseldorf seine Galerie eröffnete. Der Sohn des renommierten rheinischen Kunsthändlers Hans Mayer zeigte auf seinem Messedebut Diaprojektionen von David Heitz und Schwarz-Weiß-Fotografien von Jan Paul Evers. Auch Blanket aus Vancouver und Jack Hanley, Kanada, und Nicelle Beauchene aus New York nehmen teil. Sollten sich die Verkäufe am jetzigen Wochenende positiv entwickeln, könnte die Zusammenarbeit mit der Art Cologne eine Chance auf Fortführung haben.

Vor allem aber fällt auf, wie viele Galerien aus Berlin gekommen sind. Knapp 35 Kojen werden u.a. von Carlier/Gebauer, Guido Baudach, Neu, Fahnemann, Lüttgenmeijer, Sommer + Kohl, Aurel Scheibler, Buchmann oder KOW belegt. Mehr Beweis dafür, dass mit dem Art Forum eine wichtige Plattform für den Berliner Kunsthandel weggebrochen ist, braucht es eigentlich nicht. Die Art Cologne kann sich deshalb nicht nur über eine Vielzahl von Rückkehrern freuen, sondern dazu über zahlreiche Neuzugänge. Den Kern bilden nicht zuletzt die international und oft an mehreren Standorten agierenden, regional verwurzelten Galerien – von Karsten Greve, Gisela Capitain und Daniel Buchholz (Köln/Berlin) bis zu den Düsseldorfer Galerien Hans Mayer und Konrad Fischer. Dieses Jahr kamen auch David Zwirner aus New York und Thaddaeus Ropac (Paris/Salzburg). Der Zuspruch, den die Art Cologne dank dieser international agierenden Galerien erfährt, ist nicht zuletzt ein Signal an London und Basel. Daniel Hug bekräftigte im Gespräch mit einer Presseagentur, er wolle Köln zum führenden Kunststandort machen. Im selben Interview war auch zu lesen, dass er einen Relaunch der Berliner Messe für überflüssig hält.

Auf der Art Cologne finden sich derweil überall hochpreisige Werke bekannter Künstler. Henze und Ketterer brachten Ernst Ludwig Kirchners „Weg zur Stafel“ zum Preis von über drei Millionen Euro aus der Schweiz mit. Der Wiener Fotospezialist Johannes Faber verkauft ein Konvolut von 70 Porträtbildern August Sanders für 2,8 Millionen Euro. Salis und Vertes zeigen Pablo Picassos Bild „Femme se lavant les pieds“ von 1960, das aus einer Privatsammlung stammt und 1,85 Millionen Euro kosten soll. Hauser & Wirth präsentieren eine seltene Skulptur von Louise Bourgeois (1978) für den stolzen Preis von 1,2 Millionen Dollar. Zwischen 22 000 und 300 000 Euro liegen die vergleichsweise moderaten Preise der musealen Schau „Das kleine Format“ mit Bildern des Expressionismus und der Klassischen Moderne bei Hubertus Melsheimer.

Auch jüngere Galerien aus dem Förderprogramm „N ew Contemporaries“ mit Schwerpunkt auf zeitgenössischer Kunst integrieren zunehmend einzelne Werke älterer oder etablierter Künstler. Die meisten treten in einen fruchtbaren Dialog mit Arbeiten der jüngeren Generation. Galeristin Linn Lühn (Düsseldorf) wählte für diesen Zweck Gemälde von William Copley (17 000–32 000 Euro) aus. Van Horn zeigt Vintage-Prints des Modefotografen Mark Mender von 1970 (je 2800 Euro) neben einem jüngst entstandenen Relief von Jan Albers (19 000 Euro). Und Cherry and Martin aus Los Angeles brachten in Europa Collagen des Fotografen Robert Heinecken (1931-2006) mit, der auf dem US-amerikanischen Markt verstärkt nachgefragt wird und erst 2011 bei Friedrich Petzel in New York mit einer Einzelausstellung gewürdigt wurde (17 000–37 000 Euro). KOW aus Berlin wurden für ihre generationenübergreifende Präsentation mit Werken von Santiago Sierra, Franz Erhard Walther und Alice Creischer in einem schwarz gefassten Raum sogar mit dem Preis für den besten Stand im Rahmen des Förderprogramms ausgezeichnet.

Empfehlenswert ist auch eine Tour zu den 23 Förderkojen für den künstlerischen Nachwuchs. Die Auswahl ist vielfältig wie lange nicht mehr, und die Kontrast könnten kaum größer sein als zwischen der minimalistischen Inszenierung von Natalia Stachon bei scq und der vis à vis gelegenen Präsentation von Tine Furler bei Hammelehle und Ahrens (Köln). Eine Pointe zum Thema findet sich diskret platziert in der Kölner Galerie Marion Scharmann. Maik und Dirk Löbbert, längst etabliert an der Kunstakademie Münster, schufen sich ihre eigene kleine Förderkoje: unverkäuflich und außer Konkurrenz. Auch das geht in Köln.

Art Cologne, bis 21. 4., Sa 12 - 20 Uhr, So 12 - 18 Uhr. www.artcologne.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false