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Kultur: "art forum": Ein Hoch auf den Werkstattcharakter

Eigentlich hätte vorgestern die zweite "berlin biennale" beginnen sollen. Wie schmerzlich diese zentrale Ausstellung im groß angekündigten Kunstherbst fehlt, wird erst in diesen Tagen deutlich.

Eigentlich hätte vorgestern die zweite "berlin biennale" beginnen sollen. Wie schmerzlich diese zentrale Ausstellung im groß angekündigten Kunstherbst fehlt, wird erst in diesen Tagen deutlich. Als Grund für die Verschiebung wurden zwar finanzielle Unsicherheiten durch den spät abgeschlossenen Hauptstadtkulturvertrag angegeben, doch überzeugten diese Erklärungen nicht ganz. So war es erstaunlich, dass im Rahmen des "art forum"-Podiumgesprächs zum Thema Kunstbiennalen niemand mehr über die Gründe der Verschiebung sprach. Stattdessen wurde optimistisch den großzügigen Geldgebern gedankt und als neuer Termin der 20. April 2001 bekannt gegeben.

Mit Saskia Bos, Kuratorin der nächsten "berlin biennale" und Direktorin der Amsterdamer de Appel-Stiftung, saßen auf dem Podium der Frankfurter Kunstkritiker Rudolf Schmitz, Francesco Bonami vom Museum of Contemporary Art in Chicago und Kurator der diesjährigen "Manifesta" in Ljubljana sowie René Block, Direktor des Museum Fridericianum in Kassel und zuletzt Gastgeber der internationalen Konferenz "Biennalen im Dialog".

Genau vor 105 Jahren fand die erste Biennale in Venedig statt; inzwischen hat das Modell einer internationalen Übersichtsausstellung, die alle zwei Jahre stattfindet, viele Nachahmer gefunden. Die Reihe der Biennalen von Santa Fé bis Istanbul, von Kwangju bis in die ostdeutsche Provinz in Werkleitz ist, so Block in seinem Eingangsvortrag, sei ein "niemals endendes Karussell" geworden. Dahinter stecke der Wunsch nach Vernetzung , nach Aufwertung des eigenen Standorts und natürlich nach neuen politischen und ökonomischen Kontakten. So stellte Block dann auch die unangenehme Frage, ob Berlin überhaupt der richtige Ort für eine Biennale sei. Er selbst gab ein klares "Jein" als Antwort. Berlin sei bereits gut vernetzt und der an Biennalen so geschätzte "Werkstattcharakter" charakterisiere ohnehin das Kunstgeschehen in der Stadt. Andererseits fehle es an jährlichen Großveranstaltungen zeitgenössischer Kunst, die auch eine Biennale nicht ersetzen könne. Außerdem sei die Bezeichnung "Biennale" allein noch keine Garantie für eine gute Ausstellung.

Saskia Bos hingegen vertraut auf den langfristigen Effekt einer Biennale in Berlin. In ihrer Antwort auf das Block-Statement erklärte sie die Notwendigkeit einer solchen Veranstaltung: Gerade eine Stadt mit so reger Kunstproduktion habe diese Reflektion nötig. An schnellen Überblicksausstellungen sei sie ohnehin nicht interessiert, so ihre Position als Biennale-Kuratorin. "Engagement, Vernetzung und Kontextbewusstsein" nannte sie als nicht ganz neue Leitbegriffe für ihre Ausstellung. Nicht das Medium oder die Nationalität bezeichnete sie als Kriterien für ihre Künstlerauswahl, sondern seine Haltung. Schon jetzt steht neben den Räumen in den KunstWerken wieder das Postfuhramt als Ausstellungsort fest; ein dritter Ort ist noch in der Diskussion. Zumindest der Beginn einer Debatte hätte stattgefunden, fasste Moderatorin Regina Wyrwoll am Schluss die Debatte zusammen. Wie bei so vielem in Berlin.

Katrin Wittneven

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