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Was kostet Kunst? Besucher bei der "Positions Berlin Art Fair 2017" in der Arena.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Art Week in Berlin: Es geht ums Geld - und das ist gut so

Auf der Berlin Art Week ist viel vom Geld die Rede. Das ist eine Kehrtwende - und zeugt von Mut zur Ehrlichkeit. Ein Kommentar.

Es ist reiner Zufall, dass die 6. Berlin Art Week und das Ende der Documenta auf das gleiche Wochenende fallen. Und doch haben die beiden Ereignisse jetzt mehr miteinander zu tun, als sich bei ihrer jeweiligen Planung ahnen ließ. Die Doppel-Documenta, zunächst in Athen und dann an ihrem Stammsitz in Kassel, schließt am heutigen Sonntag mit einem Riesendefizit. Die Stadt Kassel und das Land Hessen müssen jeweils 3,5 Millionen Euro nachschießen.

Staunend stehen nun alle vor dem Scherbenhaufen, keiner will es gewesen sein: nicht der künstlerische Leiter, der die Vorwürfe pariert, indem er das „ausbeuterische System“ einer Großausstellung anprangert, nicht die Geschäftsführerin, die immer schon über Unterfinanzierung klagte, nicht der Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende der Trägergesellschaft. Die Documenta 14 rühmte sich, marktfern zu sein, den Handel zu ignorieren. Und jetzt? Sprechen alle nur noch vom Geld.

Mut zur Ehrlichkeit

Vom Geld ist auch auf der Berlin Art Week viel die Rede, offen wie selten zuvor. Zum ersten Mal sieht es in der Station Berlin, dem ehemaligen Postbahnhof am Gleisdreieck, nach einer richtigen Messe aus, nicht wie bisher nach einer von Galeristen bestückten Ausstellung, die ihre Preisschilder verschämt versteckt. Ja, man will Geld verdienen und nicht nur interessante Gespräche mit Besuchern geführt haben, wie es hinterher immer verräterisch heißt, wenn es zu wenig Verkäufe gab.

Für diese wundersame Wandlung, den Mut zur Ehrlichkeit, den Neustart der immer etwas elitären Art Berlin Contemporary nun unter dem Namen Art Berlin sorgte die Kölner Messe, indem sie die Berliner Konkurrenz einfach übernahm und sich zu 100 Prozent einkaufte.

Die Kölner verstehen das Geschäft, am Rhein wurde in den 1960er Jahren die erste Kunstmesse gegründet. Ein Vierteljahrhundert nach dem Fall der Mauer ist es Berlin noch immer nicht gelungen, eine funktionierende Messe auf die Beine zu stellen. Dabei bejubelt sie sich gerne als Kunsthauptstadt. Spielplatz trifft es eher. Höchste Zeit, erwachsen zu werden.

Was hat das alles mit Kunst zu tun?

Die Berliner Wirtschaftssenatorin sagt es klipp und klar: Sie will Geld zurückfließen sehen. Durch Qualitätstourismus, längere Aufenthalte von Besuchern in der Stadt, mehr Kunstverkäufe, eine prosperierende Kulturwirtschaft. Ansonsten würde sie das Rahmenprogramm der Messe, die Berlin Art Week, nicht länger finanzieren wollen, die sie gemeinsam mit dem Kultursenator unterstützt.

Was das alles mit der Kunst zu tun hat? Nur wenig. Sie ist Projektionsfläche für wechselnde preisliche Vorstellungen, Gegenstand intellektueller Auseinandersetzungen oder einfach nur schön anzusehen. Die Kehrtwende der Berlin Art Week, das Bekenntnis zu einer reellen Messe, führt manchem vielleicht schmerzlich vor Augen, dass es die Kunst, eine Sammlung und irgendwann das Museum ohne Markt nicht gibt.

Eine Documenta darf und soll das ignorieren, die öffentliche Hand erspart ihr, Gewinne machen zum müssen. Den Bankrott zu riskieren, ist allerdings grob fahrlässig. Auch Berlin bot der Kunst bisher Freiräume, mit günstigen Ateliers und geringen Lebenshaltungskosten. Sie zu bewahren, unterstützt durch Subventionen, und sich gleichzeitig zu professionalisieren, diesen Spagat führt nun die Art Week vor. Ein Kunststück, das Berlin auch das restliche Jahr gelingen muss.

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