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Kultur: Auf der einen Seite

„Kirschblüten“ Favorit beim Deutschen Filmpreis

Senta Berger, das betont sie mehrmals, ist ganz doll aufgeregt. Vielleicht, weil sie bei dieser „frühesten Gala in der ZDF-Geschichte“, so Moderator Peter Twiehaus, die Spezies weiblicher Filmstar ganz allein vertreten muss?

Es ist Freitagmorgen, 8.30 Uhr – und das Berliner Kino Babylon, wohin das ZDF-Morgenmagazin zur Frühstücksgala lädt, ist mit einem „sehr aufgeweckten Publikum aus Dortmund, dem Saarland und auch aus Berlin“ (Twiehaus) sichtlich gefüllt. Anlass: die zügige Verlesung von knapp 50 teils bereits üppig dotierten Nominierungen zum Deutschen Filmpreis durch Senta Berger, Präsidentin der Deutschen Filmakademie, und Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Letzteren kündigt Twiehaus als den „Mann mit den vollen Taschen“ an – stammen aus dem von ihm gehüteten Staatssäckel doch jene knapp drei Millionen Euro, die die Deutsche Filmakademie am 25. April unter die Jahresfilmbesten verteilt.

Doch halt, „ich bin auch Filmliebhaber!“, korrigiert Neumann Twiehaus, und als Senta Berger sich bei Letzterem mit tremolierendem Singsang zudem ausbedungen hat, nicht schnöde von „Preisgeld“, sondern lieber von „Auszeichnungen“ zu reden, kann die halbstündige Rallye-Gala ja losgehen. Oder ist es eher ein Rennen, bei dem – die Akademie mit ihren rund 1000 Mitgliedern hat nach Oscar-Vorbild spartenweise nominiert – eher die Publikumslieblinge als die Außenseiter eine Chance haben?

Favorit unter den Filmen am Start (sie kriegen den Löwenanteil der „Auszeichnungs“-Masse) ist Doris Dörries „Kirschblüten“ mit sechs Nominierungen. Es folgen feinsäuberlich: Fatih Akins „Auf der anderen Seite“ (5), Christian Petzolds „Yella“ (4), Dennis Gansels „Die Welle“ (3), Ralf Westhoffs „Shoppen“ (2) und Robert Thalheims „Am Ende kommen Touristen“ (1). Außerdem sind nominiert: die Dokus „Prinzessinnenbad“ und „Am Limit“ sowie die Kinderfilme „Leroy“ und „Max Minsky und ich“.

Darf man bei einem aufregenden Ereignis, das laut Senta Berger nie durch Neid („Ich kenne das nicht aus der Praxis“), sondern durch pure Mitfreude geprägt ist, auch von Verlierern sprechen? Immerhin weitere acht Filme standen auf der Vorschlagsliste der Akademie. „Ein fliehendes Pferd“, „Gegenüber“ und „Liebesleben“ erhielten je zwei Trostnominierungen in Nebenkategorien, gar nicht berücksichtigt wurden „Du bist nicht allein“, „Das Herz ist ein dunkler Wald“ und „Ulzhan“ sowie Maria Speths „Madonnen“ und Birgit Möllers „Valerie“.

Vor allem für die zwei Letztgenannten schmerzt das. Große Regiebegabungen, tolle Schauspieler(innen-)leistungen. Untadelige Werke, aber thematisch unbequem. Keine Kassenknüller, aber Filmkultur. Übersehen. Jan Schulz-Ojala

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