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Kultur: Auf der Welle

Vom Rhein nach Berlin: Die Galerie Aurel Scheibler feiert ihr 20-jähriges Bestehen

„Vom Maß der Vielfalt“ erzählt ein Bild, in dem Ernst Wilhelm Nay 1954 farbige Rechtecke und blaue Wolken zusammenzwingt. Und während man noch überlegt, was dieses virtuose malerische Vermächtnis in der Galerie Aurel Scheibler sucht, die mit Künstlern wie Oyvind Fahlström, Jack Pierson, Thomas Rentmeister oder Gavin Turk in ganz andere Richtungen strebt, streift der Blick ein abstraktes Gemälde von Thomas Scheibitz.

Kantige Farbflächen auch hier. Bloß ist die Arbeit erst 1997 entstanden und zieht so einen thematischen Faden von Nay – dessen Werkverzeichnis Scheibler in den Neunzigern herausgegeben hat – durch das inzwischen 20-jährige Programm der Galerie.

„Twenty“ heißt die zum Jubiläum gehörende Ausstellung. Eine Revue der Highlights, auf die man stolz zurückblickt: mit Arbeiten etwa von Rachel Whiteread, den intimen Fotos des 1989 an Aids gestorbenen Mark Morrisroe, von Weege oder aus den eigenwilligen Materialien, die der US-Künstler Joe Zucker verwendet. Sie alle hat Aurel Scheibler erstaunlich früh und teils noch in Köln gezeigt, von wo er 2006 mit der Galerie nach Berlin umgezogen ist. Die Ausstellung versteht sich aber auch als Rückschau und vollzieht einzelnen Stationen nach, dank derer sich das aktuelle Programm entwickelt hat.

Nicht alles ist verkäuflich. Der reinen Erbauung im Kabinett dient etwa eine kleine, schwarzweiße Fotografie von Benjamin Katz, die Scheibler zusammen mit dem Galeristen und Ex-Kölner Daniel Buchholz zeigt. Gemeinsame Geschichten prägen die Biografien und machen klar, dass man Privates und Beruf(ung) oft nicht trennen kann. Abgespalten wurde allerdings ein Teil jener Künstler, mit denen die Galerie im Rheinland begonnen hat. Namen wie Raimund von Luckwald, Dan Asher oder Udo Lefin stehen zwar auf den chronologisch gehängten Einladungskarten im Entree und sind teils mit kleinen Arbeiten vertreten. Im Portfolio jener Künstler, die von der Galerie vertreten werden, tauchen sie dagegen nicht mehr auf. Eben das macht den Charme der Schau aus (Preise der Arbeiten: 300-650 000 Euro) und den Besuch lohnend, auch wenn man manches bereits kennt: dass sie nicht bloß die Stars wie Fahlström, Alice Neel, Michel Auder oder Thomas Rentmeister als pure Erfolgsgeschichte inszeniert. Sondern sich ebenso auf die Seitenwege der eigenen Vergangenheit einlässt und manche Ausstellungen dokumentiert, von denen Aurel Scheibler seinerzeit überzeugt war. Die dann aber doch nicht wie erwartet zündeten.

Manches Kapitel bleibt auch unerzählt. Weshalb etwa Thomas Scheibitz oder Rachel Whiteread nicht mehr Teil des Programms sind, bleibt allein im Gedächtnis der Galerie verankert. So offen wie möglich, so diskret wie nötig: Mit diesem Motto ist Aurel Scheibler gut durch die letzten zwei Jahrzehnte gekommen. Es werden nicht die letzten sein.

Galerie Aurel Scheibler, Charlottenstraße 2; bis 28.10. Di-Sa 11-18 Uhr

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