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Kultur: Aufgerauht

Im Hauptberuf ist Heinz Schunk Erster Konzertmeister des Berliner Sinfonie-Orchesters.Als Dirigent des Benefizkonzerts zugunsten krebskranker Menschen im Konzerthaus am Gendarmenmarkt gibt er mit wallendem Haupthaar den großen Maestro.

Im Hauptberuf ist Heinz Schunk Erster Konzertmeister des Berliner Sinfonie-Orchesters.Als Dirigent des Benefizkonzerts zugunsten krebskranker Menschen im Konzerthaus am Gendarmenmarkt gibt er mit wallendem Haupthaar den großen Maestro.Leicht zappelig spornt er seine Kollegen im bunt zusammengewürfelten Orchester allerdings zu Höchstleistungen an.

Annerose Schmidt spielt Beethovens viertes Klavierkonzert sehr konzentriert, mit Gespür für Architektur und Konstruktion der einzelnen Sätze.Abwechslungsreich und dynamisch fein abgestuft ist ihr Spiel, nur im Diskant gerät ihr der Ton gelegentlich etwas zu harsch und schrill.Ihr Spiel gewinnt charmante Unvorhersehbarkeit in den ganz seltenen Momenten, in denen sie mit Kraft danebengreift.Die elegische Spannung im kurzen zweiten Satz zerbröselt, doch im tänzerischen dritten Satz wagt sie sich auch zu rhythmischen Unregelmäßigkeiten vor, die den Vortrag angenehm aufrauhen.

Ob Peter Tschaikowskys depressiv verdämmernde "Symphonie Pathétique" die angemessene Wahl ist, um Krebskranken Zuversicht zu spenden? Die unsentimentale Darstellung durch Heinz Schunk baut jedoch schnell eine ganz eigene Spannung auf, die einkomponierten Überraschungseffekte funktionieren hervorragend.Brillantes Zusammenspiel der Musiker im unstet flackernden dritten Satz und die dynamische Feinabstufung im elegischen Schluß lassen keine sentimentale Tränenseligkeit aufkommen.Vielmehr entwickelt sich das Werk organisch in den Motivbeziehungen.Gleichwohl bleibt der melancholische Schluß eine Herausforderung an die Hörer, auch wenn das Verdämmern im Brummen der Belüftung untergeht.

Vor Beginn des Konzerts bekannte der Theologe und Studienleiter an der evangelischen Akademie Wittenberg, Friedrich Schorlemmer, daß er sich in diesem "schönen Rahmen""unwohl fühle, weil nur eine Flugstunde von hier Krieg tobt.Das hielt ihn nicht davon ab, eine mit Betroffenheitsfloskeln gespickte Rede zu halten.Die Konzertbesucher schwiegen eine Weile für den Frieden.

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