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AUFGESCHLAGEN Zugeschlagen: Das leere Universum

Denis Scheck, Literaturredakteur beim Deutschlandfunk, bespricht einmal monatlich die „Spiegel“-Bestsellerliste, abwechselnd Belletristik und Sachbuch – parallel zu seiner ARD-Sendung „Druckfrisch“. (Heute Abend, 23 Uhr 35, Gäste: Andrea Camilleri, Benjamin von Stuckrad-Barre).

Denis Scheck, Literaturredakteur beim Deutschlandfunk, bespricht einmal monatlich die „Spiegel“-Bestsellerliste, abwechselnd Belletristik und Sachbuch – parallel zu seiner ARD-Sendung „Druckfrisch“. (Heute Abend, 23 Uhr 35, Gäste: Andrea Camilleri, Benjamin von Stuckrad-Barre).



10) Trudi Canavan: Sonea – Die Hüterin

(Deutsch von Michaela Link,

Penhaligon Verlag, 576 Seiten, 19,95 €.)

Die Zutaten dieser Fortsetzung einer australischen Fantasytrilogie sind altbekannt: weiße und schwarze Magie, Zauberringe, Magiergilden, Lords und Sklaven sowie originellerweise eine Droge mit dem hübschen Kunstwortnamen „Feuel“. Sprachlich ein einziges Brachland, als mild anfeminisierte Variante von Fritz Leiber oder Jack Vance innerhalb der Genregrenzen aber annehmbar.

9) Anna Gavalda: Ein geschenkter Tag

(Deutsch von Ina Kronenberger,

Hanser Verlag, 144 S. 12,90 €.)

Vom Ausbrechen aus Erwachsenenkonventionen erzählt die Französin Anna Gavalda in dieser Sommernovelle und zugleich vom Sichabfinden mit dem Ende der Jugend. Leicht, aber nicht seicht.

8) Marina Lewycka: Das Leben kleben

(Deutsch von Sophie Zeitz,

dtv, 458 Seiten, 14,90 €.)

Geistreiche Unterhaltungsliteratur: das ist die Spezialität von Marina Lewycka, die als Kind ukrainischer Eltern in einem deutschen Flüchtlingslager geboren wurde und in England aufgewachsen ist. Vielleicht hat Lewycka deshalb einen so scharfen Blick für alles, was Entwurzelten Halt in einer instabilen Gegenwart verspricht – wie hier etwa die illusionären Versprechen der Immobilienbranche in diesem profunden, witzigen Roman über eine unwahrscheinliche Frauenfreundschaft.

7) Martin Suter: Der Koch

(Diogenes Verlag, 272 S. 21,90 €.)

Eine Enttäuschung. Aus der schönen Ausgangsidee dieses Buchs – ein tamilischer Koch mit einem Faible für Molekularküche macht sich in der Schweiz als Caterer von Aphrodisiaka selbstständig – hätte wirklich mehr werden können und müssen als diese banale Problemstory über den Bürgerkrieg in Sri Lanka, den internationalen Waffenhandel und die Ungerechtigkeiten der europäischen Asylpolitik.

6) Anne Fortier: Julia (Deutsch von Birgit Moosmüller, Krüger Verlag, 638 S., 19,95 €.)

Die angeblich wahre Liebesgeschichte von Romeo und Julia, ihr Grabmal mit zwei blauen Saphiren und zwei grünen Smaragden in der vergessenen Krypta des Doms von Siena, nicht zu vergessen zwei Amerikanerinnen italienischer Abstammung – darauf konstruiert Anne Fortier einen sterilen, in einer Disneyversion der Palio-Stadt spielenden phantasielosen Schmöker, der mit Italien und Romeo & Julia so viel zu tun hat wie Mirácoli mit italienischem Essen.

5) Sarah Lark: Das Gold der Maori

(Lübbe Verlag, 745 Seiten, 14,99 €.)

Ungeachtet des englisch klingenden Pseudonyms der Autorin ist dieser Roman deutschen Ursprungs. Routiniert geschriebene Trivialliteratur um irische und englische Verbannte und Auswanderer nach Neuseeland Mitte des 19. Jahrhunderts, ein Schmöker, der trotz deutlicher Überlänge – 745 Seiten! – und unnötig vorhersehbarer Handlungsführung durch einige reizvolle Wendungen in der Charakterzeichnung und sorgfältige Recherche halbwegs überzeugt.

4) Jussi Adler-Olssen: Erbarmen (Deutsch von Hannes Thiess, dtv, 419 S., 14,90 €.)

Ein dänischer Krimi um ein skurriles Ermittlerpaar: Vizekriminalkommissar Carl Mørck und sein syrischer Assistent Hafez el-Assad rollen den Fall einer vor fünf Jahren verschwunden Parlamentsabgeordneten neu auf. Ein bodenständiger, leidlich spannender Thriller.

3) Nicholas Sparks: Mit dir an meiner Seite

(Deutsch von Adelheid Zöfel,

Heyne Verlag, 544 Seiten, 19,95 €.)

Von allen amerikanischen Kitschmeistern ist Nicholas Sparks der abgebrühteste: Als solcher erweist sich Sparks auch in dieser aus wechselnden Perspektiven erzählten Schnulze um das Mädchen Ronnie, das drei Jahre nicht mit ihrem Vater spricht, als der sich von der Familie trennt. Sparks lässt ihn sterben, und Ronnie muss nun auf über 500 Seiten ein Thema variieren: „Ich bin diejenige, der so vieles leidtun muss. Wieso habe ich so lange nicht mit dir gesprochen? Das hätte ich nicht tun dürfen. Ich würde alles darum geben, wenn ich es rückgängig machen könnte.“ Lesbar nur für Freunde masochistischer Selbstkasteiung.

2) Henning Mankell: Der Feind im Schatten (Deutsch von Wolfgang Butt, 591 S., 26 €.)

Im zehnten und wohl tatsächlich letzten Roman um Kurt Wallander macht Mankell ernst damit, seinen Kommissar „in das leere Universum“ zu entlassen, „das Alzheimer heißt“. Vorher aber muss er noch einen Fall um Vaterlandsverrat und U-Boot-Spionage klären, vor allem aber uns wieder mit der Botschaft aller Wallander-Krimis konfrontieren: dass es im kleinen muggeligen Schweden genauso desolat, korrupt und trostlos zugeht wie draußen in der globalisierten Welt.

1) Tommy Jaud: Hummeldumm

(Argon Verlag 320 S., 13,95 €.)

Von einer Traumreise nach Namibia und einer Traumwohnung in Köln handelt dieser Alptraum von einem Roman. Verkalauert von der ersten Zeile an, altersrassistisch, deutsch in seinem Fäkalienhumor – „Du willst mir nicht ernsthaft erzählen, dass du uns in eine bessere Zukunft gekackt hast“, heißt es an einer Stelle – , am deutschesten aber im dumpfsten seiner Ressentiments: dem Selbsthass.

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