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Kultur: Aufglitzernde Morgensonne

Der Handel mit Asiatika boomt: Vor allem Chinesen zahlen für hochwertige Stücke fast jeden Preis. So erwerben sie auch einen Teil ihrer Identität zurück

Asiatische Kunst liegt voll im Trend. Nicht nur der Zeitgenossen-Markt boomt, auch die alte asiatische Kunst erfreut sich einer wachsenden Zahl von Sammlern, vor allem seitdem die chinesische Wirtschaftskraft steigt. Spitzenhändler dieser Sparte sucht man in Deutschland allerdings vergebens.

„Dabei florierte die asiatische Kunst vor dem Zweiten Weltkrieg gerade in Berlin“, sagt Günter Venzke. Vor rund 30 Jahren machte er seine Sammelleidenschaft zum Beruf. Mittlerweile führt er zwei großzügige Ladenlokale in der Charlottenburger Fasanenstraße 71. Neolithische Steingefäße, Reliefs der Khmer oder chinesische Skulpturen zählen ebenso zum Angebot wie Miniaturen aus Jade, japanische Stellschirme und chinesische Möbel. Venzke arbeitet lieber im bescheidenen Rahmen und verzichtet auf die Kooperation mit Auktionshäusern. Dabei sind Objekte wie der Khmer-Torso einer hinduistischen Gottheit aus dem 10. Jahrhundert (70 000 Euro) ebenso von musealem Rang wie der marmorne Buddha im Lotussitz aus der Tang-Dynastie (48 000 Euro). Den Kopf und die farbige Fassung hat er im Laufe von 1200 Jahren verloren – nicht jedoch seine Anmut. Eine ähnliche Statue befindet sich im New Yorker Metropolitan Museum of Art. Doch Venzke betont, das sei zweitrangig: „Man lebt als Händler mit den Dingen, und wenn ich etwas verkaufe, ist das manchmal wie eine Trennung. Darum lege ich Wert darauf, die Käufer persönlich zu kennen.“

Wenn die Stücke ihre Aura entfalten, gerät der zurückhaltende Mann ins Schwärmen – egal ob es sich um eine Bronze-Schale aus der „Zeit der Streitenden Reiche“ für 35 000 Euro handelt oder um kleine japanische Goldlackdosen, die es bereits ab 1850 Euro gibt. Von dem Run auf Asiatika auf dem internationalen Auktionsparkett zeigt sich Venzke ungerührt. Er wünscht sich eher neue Sammler in Berlin als asiatische Kunden, die derzeit enorme Rückkaufwellen auslösen.

Rund 90 Prozent veräußerte das Kölner Kunsthaus Lempertz aus seiner Asienauktion im Juni an Sammler und Händler aus der Volksrepublik China, aus Hongkong und Taiwan. „Mit 3,3 Millionen Euro war es die erfolgreichste Auktion, die wir je mit asiatischer Kunst hatten“, freut sich Lempertz-Inhaber Henrik Hanstein. Dabei blickt das Kölner Traditionshaus immerhin auf eine 100-jährige Erfahrung mit Asiatika zurück. „Qualitätvolle Ware kaufen die Chinesen für fast jeden Preis, denn sie erwerben damit auch einen Teil ihrer Identität zurück“, so Hanstein. Die Attraktivität des europäischen und amerikanischen Marktes für die Chinesen sieht er nicht zuletzt in der Provenienz der Stücke begründet, die einen Grad an Authentizität garantiert, die der Markt vor Ort bisweilen vermissen lässt. Sieben Privatsammlungen beflügelten die Auktion, vier Objekte waren einmal in kaiserlichem Besitz. Allein eine auf 60 000 Euro geschätzte sinotibetische Tempelfigur des Adibuddha Vajradhara, des „Halters des Diamantzepters“, aus dem 18. Jahrhundert erzielte am Ende 384 000 Euro.

Ein weiteres Highlight war – bei gleicher Taxe – ein blauweißer Yuan-Topf, den der Berliner Orientalist und Archäologe Friedrich Sarre vor dem Ersten Weltkrieg erstanden hatte. Der nicht ganz exzellente Erhaltungszustand ließ den Hammer jedoch bereits bei 85 000 Euro fallen. Ein moderater Preis, denn diese seltenen Porzellantöpfe aus dem 14. Jahrhundert haben in den vergangenen zwölf Monaten auf Auktionen zwischen Paris und New York viermal die Millionengrenze weit hinter sich gelassen. Allen voran das Exemplar, das im letzten Jahr bei Christie’s in London mit umgerechnet 22,7 Millionen Euro den weltweit höchsten Preis für ein fernöstliches Objekt überhaupt erzielte.

Hierzulande nehmen sich die Spitzenergebnisse noch bescheidener aus. Den höchsten Gesamt- wie auch Einzelzuschlag erzielte das Auktionshaus Nagel im November 2004. Neben dem Stuttgarter Stammhaus richtete man simultan einen Bietersaal in Hongkong ein, und bilanzierte einen Bruttoumsatz von 7,4 Millionen Euro. Die Global Player Sotheby’s und Christie’s begleiten den asiatischen Markt schon seit langem auch vor Ort. Mit einer Sonderauktion anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Dependance in Hongkong erzielte Christie’s im Juni das bisher höchste Ergebnis einer Versteigerung asiatischer Kunst: Die 110 Millionen Dollar dürften nicht nur im Land des Lächelns für Freude gesorgt haben.

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