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Kultur: Aufnahme im gelobten Land

In Israel ist das Bild so berühmt, dass niemand mehr weiß, wer es aufgenommen hat. Man sieht eine Gruppe Palmach- Kämpfer, die kurz nach der Staatsgründung an einer Lagebesprechung teilnehmen.

In Israel ist das Bild so berühmt, dass niemand mehr weiß, wer es aufgenommen hat. Man sieht eine Gruppe Palmach- Kämpfer, die kurz nach der Staatsgründung an einer Lagebesprechung teilnehmen. Im Zentrum steht eine junge Frau, an einen Baum gelehnt, die als Ikone des Aufbruchs in die israelische Geschichte eingehen sollte. In Ihr, deren Haupt mit einem Kopftuch verhüllt ist und die einen Revolver an der Seite trägt, drückt sich aus, was den neuen jüdischen Menschen ausmachen sollte. Wehrhaft, heroisch und modern sollte er sein.

Der Fotograf Boris Carmi schoss dieses Bild 1948. Auf ihm ist auch der Schatten des Holocaust gegenwärtig, dem der gebürtige Russe und thüringische Internatsschüler selbst gerade eben so entkam: Zu Füßen der Frau sitzt ein Mann, dessen Unterarm das eintätowierte Mal einer KZ-Nummer trägt. Er lächelt.

Carmi emigrierte 1939 von Danzig aus nach Palästina. Drei Jahre hatte der studierte Ethnograf auf die Genehmigung gewartet. In Israel, wo er sich zunächst als Obstpflücker und Lagerarbeiter durchschlug, wurde er zunächst Armeefotograf, bevor er als Bildreporter beinahe lückenlos die Etappen der frühen Aufbaujahre dokumentierte. Ob Auffanglager, Kibbuze oder Straßenbauarbeiten, meist interessierte sich der Autodidakt für die Einsamkeit jener, die als Entwurzelte für eine neue Heimat schufteten. Trotzdem sind die zionistischen Untertöne dezent. Vielmehr wollte hier einer den Facettenreichtum des Einwandererstaates gerade in seinen Kontrasten festhalten.

Bislang ist das Werk des 2002 mit 88 Jahren verstorbenen Fotografen außerhalb Israels kaum bekannt. Dabei trägt sein harter, realistischer Stil auch die Brutalität in sich, die ein Leben im Grellraum der Wüste den Menschen aufbürdet.

Akademie der Künste bis 27. Juni, Di–So 11-20 Uhr, Katalog: 29,90 €

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