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Meryl Streep, die Präsidentin der Wettbewerbsjury der Berlinale.

© dpa

Auftritt bei Berlinale Talents: Meryl Streep, die irdische Göttin

Meryl Streep plaudert bei den Berlinale Talents über ihr Leben - und gibt den jungen Filmemachern am Schluss einen Ratschlag mit auf den Weg.

Sonntagmorgen, die Kirchenglocken läuten, die Gemeinde strömt: ins Hebbeltheater zur ersten Masterclass der „Berlinale Talents“. Aufgeregtes Gemurmel im ausverkauften Saal, als die Türen sich schließen, wird es ganz still. Die Hohepriesterin betritt die Bühne in einem langen, weiten, schlicht-schwarzen Gewand, das als Talar durchgehen könnte. Die Fan-Gemeinde erhebt sich zu Jubel und Applaus. Ende des Gottesdiensts.

Meryl Streep erweist sich wieder einmal als zu irdischer, bescheidener, humorvoller Mensch, um zur Göttin zu taugen. Im differenzierten Gespräch mit Peter Cowie, der wie die Schauspielerin wunderbare Unaufgeregtheit mit höchster Professionalität zu verbinden weiß, lässt sie schnell durchblitzen, wie sehr sie sich schon aufs Mittagessen freut.

Streep sicherte die Finanzierung für "Suffragette"

Beim entspannten Galopp durch die jahrzehntelange Laufbahn geht es um Musik als Vorbereitungshilfe, Vorbilder (ihre Mutter, „sie war witzig, neugierig, nahm teil an der Welt“), das Lachen von Philip Seymour Hoffman („spektakulär!“) und natürlich um die Rolle der Frau im Filmgeschäft. Schon mit Ende 30 habe sie jeden Part angenommen aus lauter Furcht, keinen gescheiten mehr angeboten zu bekommen. Deswegen findet Streep es so wichtig, dass genügend Frauen in den obersten Gremien sitzen, die entscheiden, welche Geschichten überhaupt verfilmt werden. Das ist auch der Grund, warum sie die kleine Rolle als Mrs. Pankhurst in dem Film „Suffragette“ angenommen hat, wie sie verrät: Damit er überhaupt gemacht werden konnte. Meryl Streep war das Zugpferd, das die Finanzierung sicherte.

Es fehlt die Luft zum Atmen

Der ökonomische Druck wird immer größer, oft fehlt ihr die Luft zum Atmen, zum Träumen, zum Ausprobieren. Mit warmherziger Bewunderung spricht die 66-Jährige wiederholt von Mike Nichols, dem Regisseur und Freund, der die größte Freiheit am Set schuf, den Darstellern ermöglichte, tatsächlich zu spielen. Und ihre Spiellust ist ungebremst.

Nur einmal gibt sie Cowie contra: Als sie ihm erklären muss, kein stundenlanges Make-Up zu brauchen, um eine demenzkranke Maggie Thatcher zu spielen. Sich in den anderen zu versetzen, Empathie selbst für eine eiserne Lady zu empfinden, ist für Streep offenbar elementare Berufsvoraussetzung – wichtiger vielleicht als eine Schauspielausbildung. Jeder von uns, zitiert Streep eine Kollegin, habe den Samen von jedem anderen in sich. Diesen Samen zu finden, ist für sie die Kunst, das Vergnügen. Und einer der Gründe, warum sie so unterschiedliche Rollen annimmt.

Get a life! Das ist die Botschaft, die sie den jungen Filmemachern am Schluss mit auf den Weg gibt. Wie wichtig es ist, tiefgehende Beziehungen zu haben, wie sie selbst mit ihrem Mann, den vier Kindern. Familie, Freunde, eine Sache, für die man sich engagiert – Hauptsache, etwas, „wo es nicht nur darum geht, Filme zu machen“.

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