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Kultur: Aus der Tiefe des Traums

Seit den Olympischen Winterspielen gibt es in Turin tatsächlich eine U-Bahn. Rom hatte schon vor 50 Jahren eine, Berlin vor 100.

Seit den Olympischen Winterspielen gibt es in Turin tatsächlich eine U-Bahn. Rom hatte schon vor 50 Jahren eine, Berlin vor 100. Trotzdem gleicht die Turiner „Metropolitana“ einem Wunder. Denn Turin, das ist Fiat. Nichts führt in der betriebsamen piemontesischen Metropole an der Autoindustrie vorbei. Turin ist kein Freiluftmuseum wie Venedig oder Florenz, hier wird gearbeitet. Als Italo Calvino in den vierziger Jahren in die Stadt kam, schätzte er just den „Mangel an romantischen Entgleisungen jeder Art“ und das „große Vertrauen in das eigene Schaffen“.

Der Wille zur Produktivität beschränkte sich aber nie auf Autos. Die Stadt war immer auch eine literarische Hochburg: Im Einaudi Verlag vereinten Calvino und Cesare Pavese, Primo Levi, Natalia Ginzburg und der Philosoph Norberto Bobbio bürgerlichen Antifaschismus und lebendige Erinnerung an die Resistenza. Schon zuvor hatte der Sandokan-Erfinder Emilio Salgari in Turin gelebt und Nietzsche war hier wahnsinnig geworden. Für die jüngste literarische Kultur stehen Namen wie Alessandro Baricco oder Giuseppe Culicchia. All das kann man in der „Literarischen Einladung Turin“ (Wagenbach) nachlesen, die von den stadt- und literaturkundigen Herausgeberinnen Margit Knapp und Maria Carmen Morese am 27.4. (20 Uhr) in der Buchhandlung Dante Connection (Oranienstr. 165 a, Kreuzberg) vorgestellt wird.

Pier Paolo Pasolini , auch das wusste bislang nicht jeder, hat in seiner Jugend täglich sechs bis sieben Stunden ununterbrochen gebolzt. Wenige Tage nach seiner Ermordung sollte er in einer Mannschaft von Filmleuten den Linksaußen spielen. So steht es in „Sportsgeist. Dichter in Bewegung“ (Arche), dem Begleitband einer Münchner und Lübecker Ausstellung. Im Buchhändlerkeller (Carmerstr. 1) geht es heute (20 Uhr 30) allerdings nicht um Pasolinis Fußball-, sondern um seine Geschichtsphilosophie, über die Gerd Kleiner und Hermann Treusch informieren.

Der Fußball, die „letzte heilige Darbietung unserer Zeit“ (Pasolini), beschäftigt wenige Wochen vor der WM selbst eine literarische Damen-Elf. Drei der Autorinnen – Annett Gröschner , Ines Geipel und Annette Pehnt – lesen am 28.4. (20 Uhr) im Literaturhaus (Fasanenstr. 23) aus ihrem Buch mit dem schönen Titel „Aus der Tiefe des Traums“ (Luchterhand). Dass Treten „spezifisch männlich“ ist, wie der Niederländer Frederik Buytendijk meinte, gilt längst nicht mehr.

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