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Kultur: Aus der Traum

„Ich werde reich und glücklich“ – ein Dokumentarfilm über die Methoden des jüngst verhafteten Motivationstrainers Jürgen Höller

„Hochmut kommt vor dem Fall!“ Zu den Lebensmaximen des Jürgen Höller gehört dieses Motto wohl kaum, auch wenn es sich auf dessen Aufstieg und Fall treffend anwenden ließe. Denn der Motivations- und Management-Trainer ist ein Mann, der sein Talent nicht ins Dunkle stellt: Von Berufung spricht er gerne, sieht sich als Heilsbringer fürs Menschengeschlecht. Und er scheint – oder schien zumindest bis vor wenigen Wochen – seine Lehre zu leben.

Zum „deutschen Motivations-Papst“ in den bunten Blättern hatte er es schon gebracht. Doch Höller wollte seine Firma zum „McDonald’s der Weiterbildung“machen, zur Nummer Eins auf diesem expandierenden Weltmarkt. Und aus seiner Inline GmbH eine Aktiengesellschaft, geplanter Weltumsatz für 2014: eine Milliarde Euro. Doch im Frühjahr 2001 musste Höller den Börsengang verschieben, im August wurden zwei Drittel der Mitarbeiter entlassen, einen Monat später das Insolvenzverfahren eingeleitet. Und unlängst fand die Karriere des Jürgen Höller mit seiner Verhaftung ihr vorläufiges und wenig ruhmreiches Ende. Die Vorwürfe lauten auf Insolvenzverschleppung und Betrug zugunsten von Privatvermögen. Denn auch schon vor dem Börsengang soll der Meister ein paar Millionen von Anhängern und Spekulanten eingesteckt haben.

Für die Filmemacherin Doris Metz ist Höllers Verhaftung eine Art nachgeschobenes Happy-End. Schließlich besteht das Funktionsprinzip ihrer Dokumentation über Werk und Wirken des Psycho-Gurus darin, Höllers vollmundigen Erfolgsbotschaften mit den nüchternen Daten des Niedergangs zu kontrastieren. Höllers Bücher heißen „Sag ja zum Erfolg!“ und „Alles ist möglich“. Seine Motivationsshows sind Massenspektakel mit Rockmusik, Rollenspiel und Show. Da wird abwechselnd die Hüfte geschwungen, der alte Affe rausgebrüllt und herumdoziert: Von Adlern und Enten, davon, dass Armut von „Arm an Mut“ kommt und jeder Mensch von Geburt ein Gewinner sei, vorausgesetzt, er hat die richtige Physiognomie. Ein paar Tagesparolen und Arbeitsbögen gibt es im Internet gratis: Doch das volle Programm mit Büchern, Kick-Kassetten und Seminarprospekten kostet dann richtig Geld.

Zehntausende Euros haben viele Leute bisher in Höllers Unternehmungen investiert. Wer so viel zahlt, will an Erfolg auch glauben. Und welcher Arbeitslose würde sich nicht wünschen, dass der Erfolg von der eigenen Willenskraft abhängt. „Ich will, ich will, ich will“ ist denn auch die zentrale Zauberformel in Höllers Reich. Der Ziele sind viele: Die Nail Art Designerin aus Zeulenroda will einmal mit Chanel und Versace zusammenarbeiten. Einer anderen reicht fürs Erste der neue Daimler. Geld und Erfolg sind hier die harten Drogen. Das Glück, so die Hoffnung, stellt sich dann schon von selber ein.

„Ich werde reich und glücklich“ hat Doris Metz ihren Film mit boshafter Ironie betitelt. Neben einigen Jüngern hat sie auch einen Abtrünnigen aufgetrieben, einen ehemaligen Partner Höllers, der jetzt einen Öko-Bauernhof betreibt und dem die Hohlheit Höllers und die inneren Widersprüche seines Erfolgskults schon vor dem Niedergang des Unternehmens auffiel. Eigentlich kann es jeder nach oben schaffen, hatte Jürgen Höller gepredigt. Jetzt ist er erstmal für ein paar Runden ausgeschieden.

Im Kino Eiszeit

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