zum Hauptinhalt

Kultur: Ausgeflittert

„Die Hochzeitsreise“ in der Ku’damm-Komödie

Es gibt wenig Begriffe, die den Zauber des Anfangs, die Freude auf eine glückliche Zukunft so schön auf den Punkt bringen wie das Wort „Flitterwochen“. Insofern passt es, wenn die Komödie am Kurfürstendamm ihre Saison mit dem Stück „Die Hochzeitsreise“ des britischen Autors Noel Coward eröffnet und zwei Paare zeigt, die gerade geheiratet und jetzt hoffen, eine schöne Zeit vor sich zu haben. Natürlich trügt die Hoffnung, denn Elyot (Herbert Herrmann) und Amanda (Nora von Collande) waren miteinander verheiratet, bis die ewigen Streitereien sie auseinandergetrieben. Sie fanden neue, jüngere Partner in Sybil (Johanna Mildner) und Viktor (Patrick Bach). Die Ausgangslage: Für ihre Hochzeitsreisen haben beide Paare nicht nur zufällig in demselben südfranzösischen Hotel eingecheckt, sondern auch noch Zimmer an Zimmer.

Das klingt nicht nur überkonstruiert, das ist es auch. Das Stück, 1930 uraufgeführt, gehört nicht zu den stärksten der über vierzig Werke, die Coward geschrieben hat. Es ächzt unter einer extremen Symmetrie, die von der Regie von Herbert Herrmann und Martin Woelffer noch verstärkt wird. Der erste und der letzte Akt zeigen die Balkone der beiden Hotelzimmer, erst geht die eine Tür auf, dann die andere, und jeder Witz wird zweimal gemacht, was wiederum selbst witzig wirken soll. So wird das Stück enorm vorhersehbar, und obwohl es mit zwei Stunden (inklusive Pause) eigentlich kurz ist, dauert es ewig, bis passiert, was sowieso jeder ahnt: Elyot und Amanda können nicht voneinander lassen, auch die beiden Jüngeren finden zueinander.

Es bleibt allein den Darstellern überlassen, den Abend zu retten. Ohne die beiden Älteren wäre er verloren. Ob es damit zu tun hat, dass Herbert Herrmann und Nora von Collande tatsächlich ein Paar sind? Ihr Spiel ist voller Anspielungen, Kunst und Leben scheinen sich immer wieder zu durchdringen. Nora von Collande kann die Bühne mit grinsendem Zynismus unter Strom setzen, sie ist mal Diva, mal Schlampe („Ich bin eine Frau ohne Prinzipien“) und plötzlich ein kleines Mädchen mit großen Augen und schaukelnden Beinen. Dass tief in ihr drin etwas Zerbrechliches liegt, kann sie nicht verbergen. Herbert Herrmanns wirkt stiller, nachhaltiger. Sein Elyot ist ein erfahrungssatter Endsechziger voll gelassener Zurückhaltung. Vor allem hat er, was den beiden Jüngeren abgeht: Selbstironie. Sybil und Viktor bleiben Abziehbilder. Johanna Mildner ist eine Grinsebacke, die schnell zu heulen anfängt, Patrick Bach schnauft wie ein Stier und steht ständig unter Hochdruck.

Das Ziel der Hochzeitsreise ist von Beginn an klar. Wohin die Reise der Komödie am Kurfürstendamm in dieser Saison geht, hingegen weniger. Udo Badelt

Wieder heute bis Sonntag, Di–Sa 20,

So 18 Uhr

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false