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Junge Leute sitzen abends auf dem Tempelhofer Feld.

© dpa

Ausgehen in Berlin: Tempelhofer Feld: Wo die Junikäfer ins Bier plumpsen

In der lauen Sommernacht sitzt es sich auf dem Tempelhofer Feld mit einem Bierchen besonders nett. Da kann man nochmal auf die Bürgerinitiative anstoßen. Nur die aufdringlichen Junikäfer drängen einen zum Aufbruch.

Im Späti in der Herrfurthstraße herrscht Hochbetrieb. Gerade wird neues Bier in die Kühlschrank-Front gefüllt. Wer eine kalte Flasche erwischen will, muss ein bisschen tiefer hineingreifen. Wir suchen uns jeweils zwei Biere aus und ersparen dem stoisch-professionellen Mann an der Kasse eine getrennte Abrechnung. Zügig verlassen wir den Thekenbereich des westlichen Tempelhofer Feldes.

Kaum haben wir das ehemalige Flughafengelände betreten, setzt dieses magische Aufatmen ein. Der Blick fliegt über die Fläche – es ist einfach wunderbar, wenn er mal nicht alle paar Meter an Häuserfronten abprallen muss. Mit jedem Schritt über die Wiese rückt der Alltagsärger ein Stück weiter in die Ferne. Wir breiten unsere Decke aus, jemand macht die Flaschen auf, Chips und Salzstangen gibt es auch.

Zum Glück hocken wir an diesem warmen Abend nicht eingequetscht auf den Außenplätzen unserer Lieblingsbar. Natürlich sind dort die Getränke besser und Musik gibt es auch, aber dafür kann man hier die Sonne hinter der Kugel des Radarturms untergehen sehen.

Und plötzlich weht sogar Musik heran. Was ist das bloß? Eine Kindertröte, ein Saxofon? Wir lauschen und spähen über das Feld, bis N. es schließlich raushat: eine Klarinette! Stimmt. Irgendwann entdecken wir auch den Musiker – vielleicht 200 Meter entfernt tänzelt er zu seinen Melodiefäden auf dem Weg herum.

Wir trinken und preisen die Bürgerinitiative

Es ist jetzt etwas mehr als ein Jahr her, dass der Bürgerentscheid über die Zukunft des Tempelhofer Feldes dessen Erhaltung als Erholungsfläche festgeschrieben hat. Hier darf nicht gebaut werden, nicht mal am Rand. Wir trinken noch einmal auf die historische Abstimmung und preisen die Bürgerinitative, die sie in die Wege geleitet hat.

S. ist sich sicher, dass das Ganze zu einem hohen Prozentsatz auch dem PR-Team zu verdanken ist, das die geniale Plakatidee für die Grünen umsetzte. Unter dem Bild eines müde-gelangweilten Klaus Wowereit stand der Slogan: „Würden Sie diesem Mann noch einen Flughafen anvertrauen?“ Ein Baudebakel am Rollfeld ist schließlich genug.

Wobei in Tempelhof ja wenigstens der Flugbetrieb wieder aufgenommen wurde. Drachen segeln sogar an diesem nicht sonderlich windigen Abend herum. Und je dunkler es wird, desto häufiger flattern auch Fledermäuse vorbei.

Etwas irritierend sind allerdings die gleichzeitig immer aufdringlicher werdenden Junikäfer. Sie surren so dicht um unsere Köpfe, dass man ihre brummenden Fluggeräusche hört. Was wollen sie bloß auf einmal alle hier? Wir entscheiden uns auch angesichts aufkommender Rückenpein, das nicht weiter zu erforschen, und trinken das letzte Bier lieber in der nahe gelegenen Kneipe „Lange Nacht“.

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