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Die Ausgrabungen am Roten Rathaus: Für die einen liegt hier ein spektakulärer Fund, für die anderen ein ärgerliches Hindernis.

© Mike Wolff / TSP

Ausgrabungen: Bürgerforum diskutiert über Berlins historische Mitte

Das rege Interesse am neu gegründeten Bürgerforum Historische Mitte belegt: Berlins Vergangenheit ist im Aufbruch. Das Publikum wirft viele kritischen Fragen auf. Vor allem der umstrittene Ausbau der U5 gerät erneut unter Beschuss.

Es herrscht Frühlingslaune unter Berlins Stadthistorikern. Von einer „euphorischen Grundstimmung“ berichtet Manfred Kühne von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Landesarchäologe Matthias Wemhof sieht seine Disziplin in einer „Schlüsselfunktion“.

„Man hätte es wissen können“, gibt Wemhof bei einem Informationsabend in der Marienkirche zu. Abbruchdokumentationen aus dem 19. Jahrhundert überliefern, dass historische Reste schlicht verfüllt wurden, auf dass künftige Generationen entscheiden, was damit anzufangen sei. Dennoch waren die Funde am Roten Rathaus, am Petriplatz und am ehemaligen Dominikanerkloster auch für die Fachwelt eine Überraschung. Nicht nur, weil so viel mittelalterliches Berlin Kriegszerstörungen und Umplanungen überdauert hat. Sondern auch , weil es unser Stadtbild grundlegend verändern kann.

Das klassische Berlin beginnt mit Brandenburger Tor, Unter den Linden, Stadtschloss und Museumsinsel, ein Berlin der königlichen Residenzen, der bürgerlichen Quartiere, der Kunst und Wissenschaft. Doch das mittelalterliche Berlin war keineswegs so randständig und unbedeutend, wie oft angenommen. Prachtvolle vierschiffige Gewölbe aus dem 13. Jahrhundert, wie sie im Rathausbereich zum Vorschein kamen, können es mit bedeutenden mittelalterlichen Bauten in Chorin oder Frankfurt/Oder aufnehmen, so Bauhistoriker Dirk Schumann. Dass bei weiteren Grabungen neue Sensationen zu erwarten sind, gilt als ausgemacht.

Umso wichtiger, dass den Archäologen Zeit bleibt. Erst graben, dann planen, so die Forderung des Bürgerforums an die Politik. Der Vertreter der BVG hatte seine liebe Mühe zu erklären, warum für den Weiterbau der U5 zwei Schiffe der Rathaushalle weichen müssten. Brauchen wir überhaupt eine U-Bahnstation Rathaus, wo doch der Alexanderplatz so nah liegt? Könnte man den U-Bahn-Tunnel nicht Richtung Norden verlegen? Und was ist mit den 80 Millionen Euro des Bundes für den U5-Bau, das Hauptargument für den Weiterbau? Fragen aus dem Publikum. Die BVG spricht von abgeschlossenen Planfeststellungsverfahren. Unbeweglichkeit, wo doch in Berlins Untergrund alles in Bewegung ist. Als sei der Winter nicht vorbei.

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