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Kultur: Ausländerrecht: Gefragte Talente - Ohne ausländische Künstler wäre die deutsche Kulturszene undenkbar

"Ich will eher ein Pferd eine Arie wiehern hören", hat Friedrich der Große einmal gesagt, "als eine deutsche Primadonna auf der Bühne zu erleben". Der Musikfan unter den preußischen Königen beharrte darauf, dass ausschließlich Italiener in seinem Opernhaus Unter den Linden auftraten.

"Ich will eher ein Pferd eine Arie wiehern hören", hat Friedrich der Große einmal gesagt, "als eine deutsche Primadonna auf der Bühne zu erleben". Der Musikfan unter den preußischen Königen beharrte darauf, dass ausschließlich Italiener in seinem Opernhaus Unter den Linden auftraten. So einseitig sieht man das heute nicht mehr. Aber ohne Ausländer kann man sich das Musikleben 2001 noch weniger vorstellen als vor 250 Jahren. Das gilt für die Hauptstadt ebenso wie für die sogenannte "Provinz". Denn mit seiner einmalig reichen Kulturlandschaft ist Deutschland, allen Spardiskussionen zum Trotz, im Bereich Oper ein Magnet, der Künstler aus aller Welt anzieht. Ein so dichtes Netz kleiner und mittlerer Stadttheater und Opernorchester existiert nirgendwo sonst auf der Welt. In Altenburg, Halberstadt oder Lübeck können die Stars von morgen Rollen ausprobieren, mit denen sie - im Idealfall - später in den Metropolen Furore machen. Sie wie die Sopranistin Montserrat Caballé, die seit über 30 Jahren ganz oben im Opernbusiness mitmischt. Ihre Karriere begann in Bremen.

Sollten die deutschen Kultusminister also je auf die Idee kommen, ihren Kollegen aus dem Sportressort nachzueifern und im Klassik-Sektor eine Zugangssperre für Nicht-EU-Bürger verhängen, um den inländischen Nachwuchs zu begünstigen: Die Institutionen kämen in arge Schwierigkeiten. So kommen von den rund 120 Musikern der Berliner Philharmoniker beispielsweise 27 aus dem Ausland, 18 davon sind keine EU-Bürger. Ähnlich sieht es auch in den anderen 134 Orchestern der Republik aus.

Doch der Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, weiß von Fällen zu berichten, in denen lokale Arbeitsämter den Theatern Schwierigkeiten machten, weil sie Ausländer einstellen wollten. Dabei berufen sich die Beamten auf eine Anweisung, die noch aus der Kohl-Ära stammt. Sie besagt, dass aus arbeitsmarktpolitischen Gründen freie Stellen bevorzugt mit einheimischen Kräften besetzt werden sollen. Eine abstruse Vorstellung in der Musik. In der Schweiz und Österreich, wo es ähnliche Probleme gab, ging die Angelegenheit vor die Gerichte - und die entschieden, dass die Freiheit der Kunst Vorrang habe. Auch beim Deutschen Bühnenverein wurde darüber diskutiert, ob man die Sache rechtlich klären lassen sollte. Letztlich einigten sich Bühnen und Arbeitsämter aber stets zugunsten der Kunst.

Abgesehen davon, dass jede kosmopolitisch ausgerichtete Kulturinstitution positive Signale in die Gesellschaft sendet, sind Sorgen um den deutschen Künstlernachwuchs nicht wirklich angebracht. Es ist keineswegs so, dass deutsche Künstler zu einer vom Aussterben bedrohten und darum besonders schutzbedürftigen Spezies gehörten. Im Gegenteil, sie zählen zu den Exportschlagern der Bundesrepublik: Gerade erst hat das renommierte Philadelphia Symphony Orchestera den Deutschen Christoph Eschenbach zu seinem neuen Chefdirigenten gewählt. Er wird Nachfolger seines Landsmanns Wolfgang Sawallisch.

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