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Ausstellung: Formen leiblicher Begierde

Darf man einem weitgehend nackten Mann unter den Rock gucken? Nein - findet Kölns Kulturdezernent und untersagte ein Plakatmotiv, mit dem für die Ausstellung "Das achte Feld" im Museum Ludwig geworben werden sollte.

Köln - Dabei stammt das Bild von dem renommierten Fotografen Wolfgang Tillmanns und steht beispielhaft für eine Schau, die den künstlerischen Umgang mit Formen des geschlechtlichen Begehrens jenseits der Heterosexualität zum Thema hat.

Der Titel verweist auf eine Regel im Schach: Rückt der Bauer auf "Das achte Feld" vor, kann er sich in eine Dame verwandeln. Ein Geschlechterwechsel, der ihm mehr Bewegungsfreiheit, mehr Einfluss, mehr Macht sichert. Dieser grundlegende Wandel setze die heterosexuell dominierten Geschlechterverhältnisse außer Kraft, dafür wolle die Ausstellung plädieren, sagte Museumsdirektor Kasper König.

Größte Themenausstellung des Kölner Museums

Mit rund 250 Arbeiten von 82 Künstlern ist es die bislang größte Themenausstellung des Kölner Museums, das gleichzeitig seinen 20. Geburtstag im eigenen Haus feiert. König ist sich bewusst, dass das Ausstellungsthema, der künstlerische Umgang mit sexueller Extravaganz, spektakulär ist. "Im Haus laufen bereits Wetten über die Besucherzahlen", freute er sich. Andererseits habe man "keine Freakshow" machen wollen: "Wir sind keine Vorkämpfer für mehr Toleranz, wir sind ein Kunstmuseum."

Ergänzt wird die Ausstellung durch einen eigens geschriebenen Erzählungsband des Schriftstellers Thomas Meinecke, der auf Kunstwerke und historische Ereignisse eingeht, die für das Verständnis einer sexuell selbstbewussten und experimentierfreudigen Kultur von Bedeutung sind. Kuratorin Julia Friedrich ist jedenfalls überzeugt, mit der Schau nicht nur Randgruppen anzusprechen: "Die Betrachter werden immer auf sich selbst zurückgeworfen."

Freizügige Kunstwerke

So sind mit eindeutigen Kontaktanzeigen übersäte Klowände ebenso museumswürdig wie Diane Arbus' intensive Porträts alternder Transvestiten. Der "Sunbather" von David Hockney lässt des Künstlers Freude am entblößten männlichen Gesäß erahnen, und Fotograf Peter Hujar zeigt, dass Männer mit starker Körperbehaarung im Spitzenkorsett mitunter ganz unvorteilhaft aussehen können.

In Schaukästen vergnügen sich die lesbischen Schwestern der Barbie-Puppe, während eine autobiografische Fotoserie den Alltag indischer Homosexueller schildert. Nicht immer wahrt die Schau dabei die Grenze zur Pornografie, und bei manch einem Kunstwerk errötet selbst die Saalaufsicht.

Besucher wählen sich Wege durch die Ausstellung

Auf die innovative Ausstellungsarchitektur, die erstmals das Treppenhaus und die Nebenräume einschließt, ist Kasper König besonders stolz, doch sie könnte sich auch als das Manko der Schau erweisen: "Wir wollen den Besuchern keinen Weg durch die Ausstellung vorgeben", betonte der Hausherr. Nun ist das Resultat jedoch eine gewisse Unübersichtlichkeit und Orientierungslosigkeit.

Für das umstrittene Tillmanns-Motiv hat es übrigens noch ein Happy End gegeben. Es ziert jetzt in seiner ganzen nackten Prächtigkeit den opulenten Ausstellungskatalog. Die Ausstellung ist bis 12. November zu sehen. (tso/ddp)

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