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Politische Kunst heute. Hier eine etwas weniger präzise Variante. "Other People Think" von Alfredo Jaar (2012).

© Alfredo Jaar/def image

Ausstellung im Salon Dahlmann: Ach, die Kunst ist ja so unpolitisch

Berlin Art Week: Zwei Sammlungen fragen im Salon Dahlmann, wo der politische Aktivismus der '68er geblieben ist, beantworten jedoch etwas ganz anderes.

Früher war ja jeder politisch. Also in den 68er Jahren. Ging ja auch ganz leicht: Lange Haare, Skinny-Jeans – fertig war der Protest. Und heute? Nix mehr politisch, sagen viele. Oder doch? Und wenn ja, wie? Diesen Fragen stellt sich der Salon Dahlmann. Werke aus den Sammlungen „Haus N“ und „Wemhöner“ sollen Antworten darauf geben. „Ach, die sind ja heute so unpolitisch“, heißt die Ausstellung. Klingt aktuell und provokant. Und genau das sind die präsentierten Objekte, auch wenn die Schau eine ganz andere Frage beantwortet als die, die sie stellt. Nämlich diese: Wie sieht politische Kunst angesichts der heutigen politischen Agenda aus?

Zum Beispiel wie die knatschbunte Popart-Arbeiterfaust aus Kunstharz von Ben Thorp Brown. Das politische Kampfsignal der Arbeiterklasse, gegossen aus Material, aus dem sonst Arbeitsauszeichnungen hergestellt werden, bildet das Leitmotiv der Ausstellung.

Oder wie Andreas Mühes Haltungsstudien „Darges 42II“ und „Dönitz 43II“. Zu sehen sind zwei Nackedeis in schwarzem Raum, nur sie im Scheinwerferlicht. Angespannte Körper, die Köpfe leicht nach unten gerichtet. Die Herren sind Schauspieler in den Posen, in denen einst Adjutant Fritz Darges und Reichsoberhaupt Karl Dönitz Adolf Hitler gegenüberstanden. Das Bild steht für eine allgemeine unterwürfige Haltung, die in etlichen Hierarchien eingenommen wird, unabhängig von Diktatur und Zeit.

Michael Sailstorfer hingegen baute mit „Drumkit“ ein Schlagzeug aus dem Blech eines amerikanischen Polizeiwagens. Dessen ehemalige Fahrer haben’s ja auch oft mit Schlaginstrumenten. Während Sailstorfer kritisiert, ruft Santiago Sierra aktiv zum Protest auf. In seinem Fall gegen die Religion: Ohne dass jemand es mitbekam, projizierte er für Sekundenbruchteile ein riesiges „NO“ über das Haupt des Papstes – und machte ein Foto davon („NO, Pope“).

Die Ausstellung im Salon Dahlmann liefert zahlreiche Antworten. Mal präzise, mal schwammig-allgemein. Wenige sprechen für sich selbst und keine über das eigentliche Thema. Aber das macht ausnahmsweise mal überhaupt nichts aus.

Salon Dahlmann, Marburger Straße 3, während der Art Week tgl. 12–18 Uhr.

Julius Heinrichs

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