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Ausstellung: Tod- und Begräbniskultur im Neuen Museum

Das Neue Museum widmet sich der deutschen Tod- und Begräbniskultur. In einer sorgsam zusammengestellten, übersichtlichen Ausstellung sind dort Fundstücke aus dem 16. bis 19. Jahrhundert zu sehen.

I

Als Archäologen 2008 auf dem Berliner Schlossplatz an der Stelle des einstigen Dominikanerklosters und der späteren Domkirche der Hohenzollern gruben, stießen sie auf einen Schatz, von dem sie nicht zu träumen gewagt hatten. Zu sehr war das Feld bereits von forschenden Vorgängern im 19. Jahrhundert beackert worden. Doch es bot sich ihnen tatsächlich eine noch ungestörte Adelsgruft mit achtzehn Sarkophagen dar, darunter auch ein besonders prächtiger, zwei Tonnen schwerer Zinnsarg. Wer war darin bestattet worden? Die Spurensuche endete bei Ritter Konrad von Burgsdorff. Lange die rechte Hand des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, war er am Ende seines Lebens bei Hofe in Ungnade gefallen. Wenige Tage vor seinem Tod 1652 musste er sein Entlassungsgesuch unterschreiben. Möglicherweise brachte ihn der Gram ins Grab.

Dieses Grab wird in einer sorgsam zusammengestellten, übersichtlichen Ausstellung im Neuen Museum präsentiert. Da ist das Kreuz des Johanniterordens zu sehen, das von Burgsdorff an die Brust geheftet war und bei der Enträtselung half. Oder ein als Ring gefasster Rubin, offensichtlich ein Geschenk des Kurfürsten, denn er trägt dessen Monogramm, FWC, Friedrich Wilhelm Churfürst. Ausgehend von diesen sensationellen Funden aus der Mitte Berlins schlägt die Ausstellung „Von den letzten Dingen“ im Untergeschoss-Gewölbe des Museums den Bogen über die Tod- und Begräbniskultur in der Mark Brandenburg vom 16. bis zum 19. Jahrhundert.

Dieser Forschungsbereich ist erstaunlich jung, und noch vieles gibt es zu entdecken. 2009 haben sich deshalb Anthropologen, Archäologen und Historiker zu einer Arbeitsgemeinschaft für Sepulkralkultur zusammengeschlossen und präsentieren hier nun ihre ersten Ergebnisse. So überraschen sie den Besucher etwa mit dem Brauch der Totenkronen. Sie wurden vom 16. Jahrhundert an in ganz Europa, aber vor allem auch in der Region von Berlin und Brandenburg, unverheiratet Verstorbenen, Kindern und Männern wie Frauen, auf den Kopf gesetzt und sollte ihnen eine Standeserhöhung erlauben, die ihnen zu Lebzeiten nicht widerfahren war.

Einige Exemplare haben die Forscher erst vor kurzem auf Dachböden von brandenburgischen Dorfkirchen erstöbert. Sehr anrührende Modelle sind darunter, geflochtene und gewundene Kränze, Hauben und Krönchen von großer Zartheit, die augenscheinlich mit viel Liebe und Zeitaufwand gebastelt wurden, aus Papier, Kupferdraht, Perlen oder auch Blüten aus Kürbiskernen – je nachdem, wie viel die Familie ausgeben konnte. In der Niederlausitz wurde diese Tradition sogar bis ins 20. Jahrhundert getragen, noch 1930 sollen dort Jungfrauen als „himmlische Bräute“ bestattet worden sein. Kaum zu glauben, dass die Totenkronen so schnell in Vergessenheit geraten konnten.

Viele der Exponate kehren nach Ende der Ausstellung zurück in die Kirchengemeinden. Der Sarg des von Burgsdorff jedoch wird im Neuen Museum bleiben und bis spätestens 2014 in eine neue Dauerausstellung über Berliner archäologische Funde wandern. Weitere Schätze vom Schlossplatz sollen später einmal im Humboldt-Forum zu sehen sein.

Neues Museum, bis 15. April, Mo–Mi sowie So 10–18 Uhr, Do–Sa 10–20 Uhr. In unserer Bilderstrecke sehen Sie einige Stücke aus der Ausstellung.

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