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Videocollage. Mathilde ter Heijne kreuzt Geschichte und Gegenwart.

© M. ter Heijne

Ausstellung von Mathilde ter Heijne: Nur Mut!

Mathilde ter Heijne verbindet in einer Ausstellung in der Galerie im Körnerpark Forderungen des Frauenfriedenskongresses 1915 mit heutigen Aussagen über Krieg.

Als sich der Beginn des Ersten Weltkriegs 2014 zum 100. Mal jährte, war viel von einer aktuellen Furcht vor einem neuen Krieg zu lesen. Und manchmal die Frage, warum derzeit so wenig von Friedensaktivisten zu hören sei. In Mathilde ter Heijnes Ausstellung in der Galerie im Körnerpark klingt diese Frage nach. Die in Berlin lebende Holländerin thematisiert den Internationalen Frauenfriedenskongress 1915 in Den Haag und kombiniert damalige Forderungen mit heutigen Aussagen über Krieg.

Das hätte spröde werden können, doch ter Heijne hat eine sinnliche, saalfüllende Videoinstallation geschaffen. Den lang gestreckten Raum hat sie mit üppigen Zimmerpalmen geschmückt, eine Reminiszenz an das Dekor des Kongresses in Den Haag. Und zugleich eine Würdigung des Ausstellungsortes, der Orangerie in der neobarocken Grünanlage, deren 100-jähriges Bestehen Neukölln jetzt feiert.

Die Schau wirkt sinnlich dank der vielen Bänke aus unbehandeltem Holz, die zum Verweilen auffordern. Handwerk zum Anfassen zählt zu ter Heijnes Repertoire. Erst im Winter trug sie zu einer Gruppenausstellung im Körnerpark eine lange Patchwork-Schlange bei, die sie in Istanbul 2010 gemeinsam mit örtlichen Näherinnen und Stickerinnen geschaffen hatte. Und im Frühjahr zeigte sie im Haus am Lützowplatz ein Hüttendorf aus bunten Stoffen: genäht, gestickt und geklöppelt von 240 Personen, von Designerinnen, Frauen aus Flüchtlingsgruppen und Do-it-yourself-Treffs. Auch Partizipation gehört zu ter Heijnes Strategie.

Eine Zeit, in der Frauen trotz Korsett ihre Stimme erhoben

An ihren neuen Videomontagen haben Friedensaktivisten und Kulturschaffende mitgewirkt. Auf Flachbildschirmen überlagern ihre Gesichter historische Frauenporträts, während ihre Stimmen vom Krieg erzählen. Etwas bemüht wirkt das. Lebendiger geht es in der Filmmontage auf der hinteren Leinwand zu. Sie zeigt historische Gruppenfotos energischer Damen mit Hut, vor denen Schauspieler und Tänzerinnen auftreten, um Sprecherinnen des Kongresses zu zitieren oder Sätze auf Bretter geschrieben durchs Bild zu tragen. Und siehe da: Etliche Parolen klingen aktuell, „No Censorship of The Press“ oder „You Are Never Alone“.

Im Entree aber hängt „Women To Go“, ter Heijnes 2005 begonnenes Work in Progress aus Hunderten von Ansichtskarten. Sie zeigen unbekannte Damen im Porträtstudio, mit Fächer oder Schirm. Auf den Rückseiten stehen jedoch die Biografien ganz anderer Personen, von Bürgerrechtlerinnen, namhaften Nonnen, Unabhängigkeitskämpferinnen. Besucher können Karten ihrer Wahl mitnehmen. Zu Hause, auf Schreibtisch oder Kommode aufgestellt, regen sie dazu an, den anonymen Gesichtern aufregende Lebensläufe hinzuzufantasieren – aus einer Zeit, als Frauen trotz Korsetts ihre Stimmen erhoben.

Galerie im Körnerpark, Schierker Str. 8, bis 4. September; Di–So 10–20 Uhr

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