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Attila Csörgö: Sie dreht sich doch

Die Galerie Gregor Podnar zeigt Installationen des ungarischen Minimalisten und Träumers Attila Csörgö.

Wie eine wild gewordene Maus flitzt der Schatten über die Glasplatte und malt unregelmäßige Kreise in die feinen Metallspäne. Der ungarische Künstler Attila Csörgö hat unter dem Glas einen Magneten auf einem Plattenspieler befestigt und lässt ihn an einem Gegenpol abprallen. Die Schleifen im schwarzen Staub sind endlos und unberechenbar (Edition: 2/3, 35 000 €). In seinem kristallklaren Werk schlafwandelt Csörgö in der Grauzone zwischen präziser Naturwissenschaft und anarchischem Zufall, zwischen der Unbestechlichkeit der Mathematik und der Willkür der Kunst.

In seiner Ausstellung „Magnet Spring“ in der Galerija Gregor Podnar walten unsichtbare Kräfte und fahren mit den Sinnen Karussell. Für das Foto „Slanting Water“, das documenta-Leiterin Carolyn Christov-Bakargiev für die letzte Sydney-Biennale ausgesucht hat, ließ Attila Csörgö zwei halb volle Gläser mit Wasser auf einer Scheibe rotieren und nahm sie mit einer Kamera auf, die sich in der gleichen Geschwindigkeit drehte. Das Auge kann die Bewegung nicht wahrnehmen. Nur die Zentrifugalkräfte drängen die Wasseroberfläche in eine rätselhafte Schieflage.

Attila Csörgö, 1961 in Budapest geboren, hat Malerei studiert. In seinen frühen Arbeiten setzt er sich mit der Perspektive und ihrer Verschiebung auseinander. Aus einem Holzbrett hat er perspektivisch verzerrte Würfel herausgeschnitten, die dem rohen Stück Holz eine Ahnung von Unendlichkeit verleihen (15 000 €). Auch die Möbius-Schleife – mit einer Kamera hergestellt, die sich auf mehreren Ebenen um sich selbst dreht – weist über den Horizont hinaus. Csörgös Kunst dehnt den Spielraum des Geistes. Greifbar und abstrakt zugleich durchwandert sie die verschiedenen Aggregatzustände von Konstruktion, Imagination bis zur Illusion.

„Kunst, die den Raum haptisch erlebbar macht“, will Gregor Podnar in seiner Galerie zeigen. Der frühere Kurator am Kunstverein von Ljubljana ist vor zwei Jahren ins Galeriehaus Lindenstraße gezogen. Etablierte Kunst aus Osteuropa und Positionen mit Bezügen zu den sechziger und siebziger Jahren prägen sein Programm. So erinnern Attila Csörgös Experimente an die minimalistische Faszination für Gedankengebäude. Die Arbeiten des Ungarn sind zugleich von messerscharfem Verstand und träumerischer Durchsichtigkeit. Sie behaupten: Hinter dem Horizont geht’s weiter. Simone Reber

Galerie Gregor Podnar, Lindenstraße 35; bis 20. Juni; Di-Sa 11 - 18 Uhr.

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