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Ausstellungen: Es werde Licht

Der osmanische Baumeister Sinan in Frankfurt/Main

Prinzessin Mihrimah war ungehalten. Die Moschee am Meer war ihr zu dunkel. So musste Mimar Sinan, ein Zeitgenosse Michelangelos, beim nächsten Bau für mehr Licht sorgen, um die Lieblingstochter von Sultan Süleyman dem Prächtigen zu besänftigen: Er versah die MihrimahSultan-Moschee in Istanbul (1565) mit 206 Fenstern. Und weil er seine Kunst von Bau zu Bau steigerte, wird er heute als „Michelangelo der Osmanen“ gerühmt. Dabei plante er lange Zeit als Militäringenieur Brücken und Stadtmauern, ehe er mit 49 Jahren erster Hofbaumeister wurde und dieses Amt bis zu seinem Tod im Alter von 99 Jahren 1588 versah.

Sinans gigantisches Werk umfasst rund 500 Gebäude; darunter mehr als 100 Moscheen, die fast alle noch erhalten sind. Doch an Aufzeichnungen mangelt es, ebenso gab es bisher kaum Literatur, die ihn als bedeutendsten Baumeister der osmanisch-türkischen Geschichte würdigte. Aber Augusto Romano Burelli und Paola Gennaro, zwei auch in Berlin tätige italienische Architekten, haben bereits in den 1980er-Jahren seine Moscheen beispielhaft vermessen und in Farbzeichnungen umgesetzt. Sie sind jetzt im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt/Main zu sehen.

Die Schau räumt mit dem abendländischen Vorurteil auf, die Osmanen hätten die Baukunst des eroberten Byzanz nur kopiert. Folglich gilt auch die 900 Jahre vor Sinan in Konstantinopel erbaute Hagia Sophia nicht mehr als Urmutter aller Moscheen. Sinan erforschte zwar die Hagia Sophia, die noch während des Baus eingestürzt und mit klobigen Stützmauern versehen worden war. Aber er übertraf die Byzantiner. Seine erst im Alter von 80 Jahren begonnene Selimiye-Moschee (1569/ 75) in Edirne hat mit 32 Metern eine größere Kuppel, benötigt jedoch keinen massiven Unterbau. Sinan verteilte die Lasten auf acht Pfeiler und verbarg weitere Strebepfeiler hinter Wänden, so dass auch von außen die Tektonik kaum zu erkennen ist.

Dies Moschee in Edirne gilt als Sinans architektonisches Vermächtnis. Die beiden Italiener zeigen nun, dass ihm eine vollkommene Einheit von Zentralbau und Kuppel gelang, während die Renaissance Kuppeln eher über das Gebäude stülpten. Zudem experimentierte Sinan mit wechselnden Grundrissen vom Quadrat bis zum Achteck. So arbeitete er 50 Jahre lang an ein und derselben Aufgabe, die er in mehr als 100 Varianten verwirklichte. Doch so bestechend schön die rund 40 Zeichnungen Burellis und Gennaros auch sind: Es mangelt an Modellen und Fotos, die anschaulicher sind als isometrische Untersichten. Wenigstens gibt es die Moschee mit den 206 Fenstern en miniature. Christian Huther

Frankfurt/M., Deutsches Architekturmuseum, Schaumainkai 43, bis 2. November, Katalog 30 €.

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