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Fotografie: Träumend staunen

Die Fotos von Josef Hoflehner bei Camera Work öffnen die Augen für die Weite der Welt und schulen am Anblick einer scheinbar unberührten Natur den Schönheitssinn.

Lange hat Josef Hoflehner dem Toben des Schneesturms um den Fischkutter „Hilmir“ irgendwo im Polarmeer zugeschaut, bis er aus frontaler Position auf den Auslöser drückte. Wie immer wählte er eine lange Belichtungszeit. Ein Trick, um die Tiefenschärfe auf ein Minimum zu verkürzen. Die Konturen des Schiffs wie auch der schwarzen Sandbank neben ihm verschwimmen, und die See sieht nicht mehr grau und düster aus, sondern seidig weiß. Das aber rührt vor allem von der Sepiafarbe, mit der Hoflehner alle seine schwarzweißen Aufnahmen im Labor behandelt.

Josef Hoflehner, 1955 geboren, ist der gegenwärtige Überraschungsgast der Galerie Camera Work, die den Österreicher und Autor mehrerer Fotobücher zum ersten Mal in Deutschland ausstellt. Die knapp vierzig berückend schönen Arbeiten in verschiedenen Formaten (zwischen 900 und 4500 Euro) zeigen vor allem Landschaften, in denen das Meer, die Felsen und viel Nebel eine Hauptrolle spielen. Auf der Suche nach übermächtigen Eindrücken durchstreifte der Neoromantiker den Nordseestrand, Island, China und sogar die Antarktis, wo er auf das Basislager von Robert Scotts Südpolexpedition aus dem Jahr 1907 stieß.

In der gut erhaltenen geräumigen Hütte, die längst ein Museum ist, fand er unversehrte Salzfässchen, einen ausgestopften Pinguin und wie gestern erst zum Trocknen aufgehängte Socken – aber im Grunde fällt dieses Dutzend wiederum sepiagetönter Fotodokumente etwas aus seinem Konzept.

Hoflehner will träumen und staunen. Menschen stören da meist. Ungenutzt und wohlverwahrt steht eine Reihe Strandkörbe am Strand. Von den Wolkenkratzern in Schanghai interessiert den Weltenbummler nur ihre Silhouette als Hintergrund eines eindrucksvollen Flussbildes. Im Jemen freilich sieht Hoflehner einmal von fern einem Fußballspiel zu. Hinter dem Spielfeld leuchten die weißen Häuser des Dorfes, ein dunkler Gebirgszug begrenzt den Horizont. Ohne den Blick für die Landschaft zu verlieren, führt diese Aufnahme zu einer wirklichen Lebenswelt hin.

Was kümmert uns dagegen die Morgendämmerung über den unbewohnten Eisflächen Islands, was ein prächtiger Wasserfall auf diesem neuerdings gern besuchten Eiland oder der Himmel über der Bucht von Tongking, könnte man meinen und kann es doch nicht: Denn diese meisterlich erarbeiteten Bilder öffnen die Augen für die Weite der Welt und schulen am Anblick einer scheinbar unberührten Natur (selbst wenn es sie so gar nicht gibt) den Schönheitssinn. Auch darin zeigt sich Josef Hoflehner als ein Künstler auf der Suche nach dem Ideal.

Galerie Camera Work, Kantstraße 149; bis 6. Oktober, Dienstag bis Sonnabend von 11-18 Uhr.

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