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Foto: Galerie Alexandra Saheb

© Nanni Harbordt

Ausstellungen: In der Ruhe liegt der Sturm

Der Berliner Künstler Oliver Lanz zeigt abstrakte Malerei in der Galerie Alexandra Saheb.

Die Werke von Oliver Lanz wirken wie musikalische Kompositionen. Der 1971 in Düsseldorf geborene Künstler trägt bis zu zwanzig Lasuren auf die Leinwände, um den gewählten Ton einer Klangfarbe zu treffen. Obwohl der Einsatz der Mittel sparsam ist, wirkt das Ergebnis erstaunlich abwechslungsreich und polyphon. Davon kann man sich in der Galerie Alexandra Saheb überzeugen. Zu sehen gibt es eine Auswahl großer, fantastischer Malereien (2400-6000 Euro), die an Gotthard Graubner erinnern. Der Vergleich ist berechtigt: Lanz hat bei Graubner studiert und während der Ausbildung erkannt, dass man in der Malerei die größten Effekte erzielen kann, wenn man mit den eingesetzten Mitteln behutsam umgeht. So führt Selbstbeschränkung zu Selbstbestimmung, Entschleunigung zu Tempo. Musikalische Analogien drängen sich auch im zweiten Teil der Ausstellung auf: Dort hängen kleinere Arbeiten, minimalistische Collagen und kondensierte Malereien, auf denen bruchstückhafte Partitur-Teile von Karl-Heinz Stockhausen zu sehen sind. Der Komponist hat in seinem musikalischen Schaffen stets den technischen Aspekt künstlerischer Produktion betont. Und auch der in Berlin lebende Künstler folgt diesem Prinzip, wenn er die Möglichkeiten der Malerei durch die Überlagerung abstrakter Formen ermittelt. Nicht trotz, sondern gerade wegen dieses Verzichts auf konkrete Motive baut sich eine einzigartige Stimmung auf. Nur die Nuancen sind wichtig. Sie tendieren ins Grüne, Gelbe, Blaue und bestechen durch ausgewogene Intensität. Dadurch entwickelt sich eine Art Urgefühl für ästhetisches Erleben.

Das mag auch an den Dimensionen liegen. Wenn man lange genug hinschaut, entwickeln die abstrakten Formen eine umwerfende Dynamik – fast wie mysteriöse Vexierbilder. Die Balken und Säulen scheinen sich zu bewegen, aus dem Rahmen zu fallen, zu rotieren und zu tanzen. Anfangs glaubt man, die Konturen klarer Flächen zu sehen. Dann meint man wütende Blitze zu erahnen, die wie Geschosse durch das Bild fliegen. Das ist der Augenblick, wo das ganze Arrangement als Gesamtkunstwerk erscheint. Das eine Bild kommentiert das andere, während man sich an ein kurioses Konzerterlebnis erinnert fühlt, in dem sich der Dirigent still und leise verabschiedet hat. Nur das Ein-Mann-Orchester Oliver Lanz ist noch da. Und es spielt großartig.Tomasz Kurianowic

Galerie Alexandra Saheb, Auguststr. 91, Di - Sa 12 - 18 Uhr

Tomasz Kurianowic

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