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KUNST Stücke: Feuerstuhl

Christiane Meixner sieht drei Ausstellungen in einer Galerie.

Das Mädchen schlägt ein Ei auf, heraus fällt ein Küken und purzelt zwischen das übrige Federvieh auf der Wiese. Eine Wand weiter fegt ein junger Mann Papageien zusammen, daneben läuft eine Ratte am Seil, während das Kind im Bild gymnastische Übungen macht. Die Verrichtungen sind alltäglich, die Situation ist es nicht, weshalb man die Gemälde von Persis Eisenbeis in der Galerie Tammen (Friedrichstraße 210, bis 6. März) ein zweites und drittes Mal anschaut. Die Künstlerin hat an der Berliner UdK bei Daniel Richter studiert, verzichtet für sich allerdings auf jene Schlieren oder verfremdenden Farbüberzüge, wie sie typisch für Richters Motive sind. Ihre Figuren stehlen sich aus der Realität, weil das Parkett unter ihnen zu kippen droht, die Räume bewusst surreal konstruiert und die Größenverhältnisse etwas zwischen dem winzigen Anzugmann und dem katzenhaften Mädchen auf einem Bild völlig unstimmig sind. Unverrückbar auf allen Formaten (1800-5800 Euro) behauptet sich das Interesse der Malerin an den Tapeten ihrer Innenräume: Deren Muster sind so fein und akkurat in beschwörender Wiederholung gemalt, dass man sich in ihnen zu verlieren droht.

Den Überblick behält Galerist Werner Tammen. Er verfolgt die Arbeit der jungen Künstlerin seit Jahren und präsentiert sie nun erst mal im größeren Rahmen. Genau wie Andrea Gotti, der in den angrenzenden Räumen eine ähnlich opulente Ausstellung hat – mit Serien über die chinesische Mauer und einen Klavierflügel, der auf den jüngsten Großformaten (je 15 000 Euro) bloß noch als Kontur sichtbar wird. Wie Gotti seine Mittel von der erzählerischen Variante des „Grand Piano“, das wie ein riesiges Klangbecken in einem Farbmeer schwimmt, innerhalb weniger Jahre immer weiter reduziert, ist das ein Thema der anspruchsvollen Schau. Das andere, wie man die Eigenschaften eines Objekts ins Bild setzen kann. So wirkt der Konzertflügel auf den kleineren Bildern des italienischen Künstlers zwar völlig körperlos und damit ohne jede Möglichkeit zur Resonanz. Doch die Umrisse in den pastosen Hintergründen aus erdigem Orange oder Rosa erinnern an Notenlinien und Notenschlüssel. Je mehr Gotti abstrahiert, desto klarer tritt zutage, wofür dieses Instrument gemacht ist. Und wie man es als Maler zum Klingen bringt (bis 6. März).

Komplett wird die Ausstellung über zeitgenössische Strömungen der Malerei im Kabinett des Boris Berber (bis 6. März). Der frühere Meisterschüler von Gustav Kluge versammelt Gestalten der Club- und Underground-Szene auf seinen Gemälden, die die Maskerade feiern und dennoch mehr zeigen als verbergen. Mike Kelley, Pop-Art und Comic – all das brodelt in dem Hexenkessel des jungen Malers. Spritzer, Farben, Punkte sind Zeugnisse dieser explosiven Melange, die hochkocht. Richtig gar ist sie noch nicht.

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