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Kupferstichkabinett: Humboldts Maler

Reisen bildet: Amerika-Bilder des 19. Jahrhunderts im Berliner Kupferstichkabinett. Als sie zurückkamen nach Deutschland, sank ihr Stern. Die drei Maler Johann Moritz Rugendas, Ferdinand Bellermann und Eduard Hildebrandt waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Süd- und Mittelamerika gereist, hatten dort unzählige Skizzen und Studien angefertigt.

Als sie zurückkamen nach Deutschland, sank ihr Stern. Die drei Maler Johann Moritz Rugendas, Ferdinand Bellermann und Eduard Hildebrandt waren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Lateinamerika gereist, hatten dort unzählige Skizzen und Studien angefertigt: Flora und Fauna einer fremden Welt, Menschen, Sitten und Städte. Ihr Förderer war kein Geringerer als Alexander von Humboldt, der bei Friedrich Wilhelm IV. ein gutes Wort eingelegt hatte, damit dieser ihre Reisen finanzierte. Außerdem kaufte der König auf seinen Rat hin ihre Werke für das Kupferstichkabinett. Doch als Rugendas nach 20 Jahren auf einem anderen Kontinent zurückkehrte, da fand er sich nicht mehr zurecht im Europa jener Zeit. An Bellermann klebte der Ruf des „Urwaldmalers“. Später gerieten alle drei ganz in Vergessenheit. Die Bilder von Rugendas etwa, die zwischenzeitlich in der Nationalgalerie gelandet waren, wurden 1907 ans damalige Völkerkundemuseum abgegeben, wegen „Entbehrlichkeit“.

In Südamerika aber werden die drei Reisemaler heute noch sowohl als Chronisten wie auch als Künstler geschätzt. Hierzulande würden sie wegen ihrer Nähe zur Naturwissenschaft von der Kunstgeschichte eher ignoriert, bedauert Sigrid Achenbach. Sie hat eine Ausstellung im Kupferstichkabinett kuratiert, die das nun ändern soll. Unter dem Titel „Kunst um Humboldt – Reisestudien aus Mittel- und Südamerika“ werden 150 Arbeiten der Abenteurer und Künstler gezeigt. Anlass sind nicht nur die Diskussionen um den geplanten Bau des Humboldt-Forums, sondern auch der 150. Todestag Humboldts in diesem Jahr.

Im Kupferstichkabinett spielt der Naturforscher jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund stehen die Werke der Künstler, jeweils chronologisch geordnet. Die Ausstellung vertraut auf die sichtbare Qualität der Arbeiten. Akzente setzt sie dort, wo sie zwei Bilder der Alten und der Neuen Welt miteinander kombiniert. So zeichnete Hildebrandt etwa „Segelnde Fischerflöße bei Pernambuco“, einfache schwimmende Holzkonstruktionen. Darunter hängt seine Bleistiftskizze der neapolitanischen Fregatte Amalia vor der Küste Rio de Janeiros (beide 1844), mit steil aufragenden Masten und üppiger Beflaggung. Der Kontrast könnte nicht größer sein.

Dass die Abenteurer an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft, zwischen Europa und Fremde standen, wird besonders bei Ferdinand Bellermann offensichtlich. In seinen Landschaften von Venezuela sind Motive und Lichtstimmungen zu entdecken, wie sie für die idyllische Landschaft in der europäischen Kunst typisch waren: Reitergruppen, die in der üppigen Vegetation winzig erscheinen, Brücken, Flüsse, Sonnenuntergänge, der Blick in eine Höhle vom düsteren Vordergrund ins gleißende Innere.

1812 zerstörte ein Erdbeben weite Teile Venezuelas. Das Reisen zu der Zeit muss alles andere als komfortabel gewesen sein. Davon erzählen noch die Ruinen in Bellermanns Bildern. Dabei waren auch sie Motive einer idealtypischen Landschaft. Symbol und Realität vermischen sich. Beeindruckend sind Bellermanns Bleistiftskizzen der Pflanzenwelt: Großartige Naturstudien, in denen er Blätterformen und Strukturen mit kräftigen Strichen detailliert festhält.

Rugendas, geboren 1802 in Augsburg, ist für den heutigen Betrachter der gefälligste der drei Maler. Seine Landschaften sind großzügige Farbverläufe. In den Eisgipfel des mexikanischen Popocatépetl mischt er neben Weiß auch in groben Strichen Blau und Rot. Am vielfältigsten präsentiert sich Eduard Hildebrandt. Seine Aquarelle sind dahingeworfen, seine Architekturstudien detailgenau, seine Porträts afrobrasilianischer Einwohner ethnografisch genau.

Der Universalgelehrte Humboldt war begeistert vom Talent der Maler. Für ihn waren sie Wegbereiter seines Anliegens, Kunst und Wissenschaft miteinander zu verbinden. Anna Pataczek

Matthäikirchplatz, bis 11. April, Di - Fr 10 - 18 Uhr, Sa u. So 11 - 18 Uhr.

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