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Museen: Pilgerstätte der Dankbarkeit

Berlin hat 170 Museen. In den Ferien ist Zeit für Entdeckungstouren. Heute: Caroline Fetscher über das noch junge Alliierten-Museum

Fährt man die Clayallee entlang aus der Stadt heraus nach Westen, sieht man sie rechts stehen, die britische Hastings: ein silbern glänzendes Flugzeug, das während der Luftbrücke Verpflegung und Kohle nach Berlin brachte, gesteuert von Piloten, die 1948, 1949 entschlossen waren, die Berlin Kinder, Frauen und Männer weder verhungern noch erfrieren zu lassen. 1997 wurde diese Hastings von Großbritanniens Regierung für das Alliierten-Museum zur Verfügung gestellt, und auf dessen Gelände zwischen zwei Ausstellungshallen steht sie nun, als eins der stärksten Symbole, die an die alliierte Präsenz in Berlin erinnern.

Die Präsenz der Alliierten in Berlin begann 1945 und dauerte bis 1994, ihre Zeugnisse zu bewahren, zu erforschen und auszustellen ist Aufgabe des Alliierten-Museums, eingeweiht am 27. Juni 1998 zum 50. Jahrestag der Berliner Luftbrücke, ein Ort, den es nur in Berlin geben kann. Seit der Blockade Berlins durch die Sowjetunion in den Jahren 1948 und 1949 meinen die Berliner übrigens die Westmächte, wenn sie von den „Alliierten“ sprechen, denn damals hatte die Sowjetunion den Kreis der Kriegsverbündeten verlassen. Trotzdem, und zu Recht, erinnern auf dem Gelände einige Exponate an die unbestreitbare Leistung der Sowjets: die Befreiung Berlins.

Im westlichen Bau des Museums, das nach dem Zweiten Weltkrieg ein Kino für GIs war, finden sich meine anderen Berliner Lieblingsstücke. Es sind die Originalordner voller sogenannter Fragebögen zur Entnazifizierung. Die Amerikaner wollten nach Kriegsende alle erwachsenen Deutschen auf ihre Verantwortung am NS-Regime überprüfen. Bogen für Bogen versuchten sie damals, die besseren, demokratietauglichen Leute im Land zu finden, die, mit denen sich ein Staat machen ließ. Das war so gut wie unmöglich, und es gab unzählige Fehler. Aber die Intention war klar und das Projekt im Ganzen erfolgreich. Für mich ist das Alliierten-Museum daher ein extrem emotionales Museum, eine Art Pilgerstätte der demokratischen Dankbarkeit. Beim ersten Besuch vor Jahren kamen mir Freudentränen. Inzwischen gehe ich mit Gästen hin, wann immer ich kann.

Es gibt dort noch vieles mehr zu sehen. Einen amerikanischen Jeep, den Waggon eines französischen Militärzugs, Briefe von Deutschen an amerikanische Freunde. Alles erinnert an die Amerikaner, Briten und Franzosen, die Berlins Westen nach den größten Verbrechen der Menschheit neu aufgebaut haben. Was diese Anstrengung nach der Barbarei der Deutschen bedeutete, das zu präsentieren ist das AlliertenMuseum ein viel zu kleiner Ort. Es gäbe eigentlich keinen, der groß genug wäre.

Alliierten-Museum, Clayallee 135, geöffnet tägl. außer Mi 10-18 Uhr, Eintritt frei.

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