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Schädel

© dpa

Neanderthal-Museum: Ausstellung "Loch im Kopf" startet

Die ältesten Schädeloperationen der Welt dokumentiert eine Ausstellung im Neanderthal-Museum in Nordrhein-Westfalen. Unter dem Titel "Loch im Kopf" belegen etwa zwei Dutzend menschliche Schädel die überraschenden OP-Kenntnisse steinzeitlicher "Ärzte".

Das "Skalpell" könnte besser nicht sein: Ein frisch zur schmalen Klinge oder kräftigem Schaber geschlagener Feuerstein ist nicht nur schärfer als Stahl - sondern auch steril. Mit diesen Instrumenten öffneten "Ärzte" in der Jungsteinzeit, etwa bei Tumoren oder schweren Blutergüssen im Hirn, die Schädel ihrer Patienten. Der erstaunliche Erfolg: Rund 90 Prozent der Operierten überlebten vor etwa 5000 Jahren die blutige Prozedur, wie die verheilten Knochenränder ausgegrabener Köpfe aus der Jungsteinzeit eindrucksvoll beweisen.

Diese ältesten Schädeloperationen der Welt dokumentiert die Ausstellung "Loch im Kopf" auf ihrer einzigen Station im Neanderthal-Museum bei Mettmann in Nordrhein-Westfalen. Von 2. August bis 2. November ist die Schau mit rund zwei Dutzend uralter menschlicher Schädel nahe des historischen Neandertaler-Fundplatzes zu sehen. Düsseldorfs Uni-Klinik bestückte die Ausstellung mit einem modernen OP-Raum, in dem die Besucher - auch an Kürbissen - die sogenannte Trepanations-Technik "üben" können.

Der älteste Beleg für eine europäische Schädel-OP liegt - allerdings nur als exaktes CT-Kunststoffmodell - mit einem Kopf aus dem elsässischen Ensisheim in der Museums-Vitrine. Vor rund 7100 Jahren schabte hier ein "Heiler" den Hinterkopf seines Patienten auf. Vor etwa 4500 Jahren häufen sich diese Eingriffe rätselhafterweise besonders in Mitteldeutschland, wie Schädelfunde der "Schnurkeramik"-Kultur aus Sachsen-Anhalt oder Baden beweisen. Vielleicht lebte hier eine Anzahl begabter "Operateure" oder die OP-Technik war an eine bestimmte ethnische Gruppe gebunden.

Schädel-Scheibchen als Amulette

Wie noble Luxusgüter importierten die Kelten auch neue Trepanations-Methoden aus dem Mittelmeergebiet in den Norden. Ein 2200 Jahre alter Kelten-Kopf zeigt gleich mehrfach die ungewöhnlichen Spuren eines Hohlbohrers, der - über eine Bogensehne bewegt - ein rundes Knochenplättchen aus dem Schädel schnitt. Nicht selten wurden diese Schädel-Scheibchen in alten Zeiten als Amulett um den Hals getragen, sagt Bärbel Auffermann vom Neanderthal-Museum. Aus dem Instrumentenkoffer eines wohl in der Varus-Schlacht umgekommenen römischen Wundarztes stammt ein griffelförmiger "Knochenheber", der am mutmaßlichen Ort des folgenschweren Gemetzels im niedersächsischen Kalkriese entdeckt worden ist.

Doch längst nicht jeder scheinbar kundig geöffnete Schädel, den Archäologen ausgraben, belegt eine "historische" Operation, erklärt Expertin Auffermann. Ein Kopf mit weit klaffender, seitlicher Öffnung stammt von einer Wasserleiche, deren Schädel lange über die Flusskiesel geschabt ist.

Gerd Korinthenberg[dpa]

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