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Umzug: Hetzler feiert Abschied mit Riley

Auch wenn es nur Zufall ist: Tatsächlich schließt sich ein Kreis mit der Ausstellung „Circles Colour Structure Studies“ von Bridget Riley aus den Jahren 1970/71 in der Galerie Max Hetzler. Nach 14 Jahren in der Zimmerstraße gibt der Galerist seinen Standort auf und zieht sich vorerst zurück in die Weddinger Dependance in den Osram-Höfen.

Die Zeiten sind im Kunsthandel gegenwärtig nicht danach, zwei Spielstätten gleichzeitig zu unterhalten. Außerdem drängte es die Künstler der Galerie, sich in neuen Räumen auszuprobieren und nicht zum vierten, fünften, sechsten Mal den White Cube am Checkpoint Charlie zu bespielen. Der zunehmende Tourismus direkt vor der Tür und die gleichzeitigen Abwanderungstendenzen anderer Kollegen aus dem einst gehypten Galerienquartier taten ihr Übriges.

Mit frühen Arbeiten von Bridget Riley den Abschied zu zelebrieren, zeugt von Bewusstsein für Stil. Zum guten Schluss wird noch einmal die Kunstgeschichte zitiert. Vor zwei Jahren hatte die britische Malerin hier noch ihre jüngsten wogenden Werke gezeigt, grün, blau, weiß schwingende Parallelogramme. Nun kommt die Grande Dame der abstrakten Kunst eher cool daher, zeigt einfach nur nebeneinander gereihte Kreise. Es sind insgesamt 23 Gouachen, die als Vorarbeit schließlich zu den großen Gemälden führen (25 000-75 000 Pfund). Auf ihnen testet die Künstlerin die Wirkung der Farben, ihr Zusammenspiel.

So ist Coolness nicht das passende Etikett, denn Bridget Rileys Farben führen ein Eigenleben, entwickeln Dynamik, die nichts mit Nüchternheit gemein hat. In Nuancen untersucht sie etwa die Wirkung roter Kringel um einen grünen Kreis und umgekehrt. Einerseits steckt dahinter mathematische Akkuratesse, mit der in immer neuen Dosierungen die Farbanteile zugegeben werden. Andererseits sprengt sich die optische Wirkung dieser Kombinationen selber frei. Die Kreise beginnen sich psychedelisch zu drehen; neue Nachbilder entstehen.

Die 1931 geborene Malerin und Bewunderin impressionistischer Werke hat erzählt, wie sie nach langen Exerzitien in Schwarz-Weiß, für die sie Mitte der sechziger Jahre in New York euphorisch als „Queen der Op Art“ gefeiert wurde, zu ihren Farbformen kam: „Ich suchte verzweifelt nach der Basis von Farbe; denn man darf nicht die Effekte studieren, sondern nur die Grundlage, auf der sie beruhen. Ich hatte Farbe – wie Form – immer als etwas Stabiles angesehen, bis ich plötzlich begriff, dass Instabilität die Basis der Farbe ist.“ Mit ihrer Malerei geht Riley an die Grundlagen der Kunst; dadurch erscheinen ihre Bilder ewig jung.

Die Frische der bei Hetzler gezeigten Formationen ist überwältigend. Das mag daran liegen, dass gegenwärtig allenthalben die Kunst der sechziger, siebziger Jahre wiederentdeckt wird und sich unsere aktuellen Vorlieben glücklich mit dem damaligen Geschmack verbinden. So schließt sich der Kreis: Bridget Riley ist zweifellos eine Klassikerin, bei der die Kraft des Frühwerks bis in die Gegenwart reicht. Ein Galerist, der seine Geschäfte neu sortiert, tut also gut daran, sich solcher Positionen rückzuversichern. Dabei mag er im Hinterkopf gehabt haben, dass die britische Künstlerin in diesem Jahr den Goslarer Kaiserring erhält. Ebenfalls ein Kreis.

Galerie Max Hetzler, Zimmerstraße 90/91; bis 25. 7, Di-Sa 11-18 Uhr.

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