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Villa Grisebach Gallery: Zurück nach vorn

Die Ausstellung "Back and Forth 01“ in der Villa Grisebach Gallery markiert den Auftakt einer neuen Reihe, die reife Positionen im Dialog mit einer jungen Künstlergeneration zeigt.

Mit hauchzarten Linien, Kurven oder Ellipsen aus Aluminium und Stahl kreiert Otto Boll seit Anfang der achtziger Jahre seine „schwebenden Skulpturen“. In ihrer reduzierten Materialität und klassischen Gravität lassen sie jegliche Fragen der Schwerkraft vergessen. Sublime Neudefinitionen im Raum, deren Anfang oder Ende in spannungsvoller Schwebe gegen unendlich zu verlaufen scheinen. Angesichts einer aktuellen Renaissance der Skulptur erscheint es kaum verständlich, dass der 1952 geborene Bildhauer im aktuellen Kunstbetrieb so selten rezipiert wird.

So kommt der Ausstellung „Back and Forth 01“ in der Villa Grisebach Gallery vor allem das Verdienst der Wiederentdeckung dieses faszinierend lyrischen und präzisen Werkes zu (3000 bis 26 000 Euro). Sie markiert zudem den Auftakt einer neuen Ausstellungsreihe, die reife Positionen im Dialog mit einer jungen Künstlergeneration zeigt. „Bolls klassisch-geometrische Skulpturen liegen genau auf der Schnittstelle zwischen der Tradition der Villa Grisebach mit ihrem Schwerpunkt auf der Klassischen Moderne und der Gallery als Projektraum für ganz junge Kunst“, sagt Daniel von Schacky.

Der Contemporary-Experte des Auktionshauses leitet nun auch die Galerie. Damit verabschiedet man sich von dem ursprünglichen Modell mit externen Kuratoren wie Harriet Häußler oder zuletzt Edzard Brahms. Denn das Vorhaben, die 2004 gegründete Villa Grisebach Gallery als eigenständige Galerie zu etablieren, stieß bald an Grenzen: Die Kunstszene witterte eine zu große Nähe zum Auktionshaus. „Wir konnten zum Beispiel nicht an Messen teilnehmen und somit keine wirkliche Aufbauarbeit für die Künstler leisten. Dabei waren die Schnittmengen zum Auktionshaus eigentlich sehr gering. Es geht nicht darum, durch die Hintertür neue Künstler für die Auktionen heranzuziehen. Das würde gar nicht funktionieren“, so von Schacky.

Programm und Taktik setzten sich durchaus vom verstärkten Ansinnen der Auktionsriesen Sotheby's und Christie's ab, mit Hilfe eigener Galerien direkt Einfluss auf den Primärmarkt der Kunst zu nehmen. Den jüngsten Coup landete Christie's, der Marktführer bei den zeitgenössischen Auktionen, zu Beginn des Jahres mit dem Einkauf der Galerie Haunch of Venison, die ihre zeitgenössischen Künstler international erfolgreich vertritt. Anders als solche global player wartet die Grisebach Gallery nicht mit großen Namen auf, bei denen die Galerie als Durchlauferhitzer für spätere Auktionen fungiert. Vielmehr sind junge, bisweilen sperrige und komplexe Künstlerpositionen wie die von Iris Kettner oder – in der aktuellen Ausstellung – Matthew Burbidge zu entdecken. Der in Berlin lebende Brite ist denn auch neben Eva Berendes und Ali Kaaf in der Versuchsanordnung von „Back and Forth 01“ der Überzeugendste. Bolls zeichenhafte Transformationen von Punkt und Linie in die dritte Dimension paraphrasiert Burbidge erfrischend frech als „Bildfläche“ im Raum. Und die Schwerelosigkeit dieser Arbeit holt er mit der aus rohem Holz und Spiegelscherben gefertigten Installation „Get it up there!“ auf den Boden zurück (3300 bis 5300 Euro).

So empfiehlt sich die Galerie als Experimentierfeld, mit dem man auch das Profil des Hauses für junge Sammler schärfen will. „Mit dem Fokus auf die Klassische Moderne war die Villa wie ein Fels in der Brandung. Gerade in Berlin, wo sich alles um die zeitgenössische Kunst dreht. Da geht es darum, Flagge zu zeigen“, sagt Daniel von Schacky. Mit der kommenden Ausstellung weht dann aber doch ein wenig Marktwind, wenn die Galerie Werke von Francis Alÿs aus Privatsammlungen präsentiert . Michaela Nolte

Villa Grisebach Gallery, Fasanenstr. 25; bis 1.9. Di-Fr 10-18 Uhr, Sbd 11-16 Uhr.

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